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"Von Luther zu Twitter" - DHM-Ausstellung zu Medien und politischer Öffentlichkeit

Präsidenten, die twittern. Virtuelle Mobs, die hetzen. Wahlen, die manipuliert werden. Phänomene wie diese werden derzeit vom Deutschen Historischen Museum beleuchtet. Es geht um die Wirkung von Medien und deren politische Nutzung.

Was haben Martin Luther und Donald Trump gemeinsam? Beide nutzten innovative Medientechnologien ihrer Zeit, um ein größeres Publikum für ihre politischen Botschaften zu erreichen. Bei dem Kirchenreformator war es der Buchdruck, beim US-Präsidenten ist es Twitter. Mit dieser provokanten These könnte man die neue Ausstellung im Deutschen Historischen Museum (DHM) in Berlin zusammenfassen, die ab Donnerstag für rund sieben Monate gezeigt wird.

Unter dem Titel "Von Luther zu Twitter. Medien und politische Öffentlichkeit" wird die Wechselwirkung zwischen Medien und Politik-Kommunikation im Laufe der Geschichte beleuchtet. Gezeigt werden rund 200 Objekte aus Deutschland, Österreich, Spanien, Großbritannien und China.

Präsentiert wird etwa eine Erstausgabe von Martin Luthers (1483-1546) Übersetzung des Alten Testaments. Auf einem großen Bildschirm ist der Original Twitter-Account von Trump zu sehen, auf dem Live aktuelle Tweets von ihm einlaufen. Ausgestellt sind aber auch bunte Regenschirme, Masken, Helme und Smartphonesticks von 2020, mit denen sich Mitglieder der Hongkonger Demokratiebewegung vor der staatlichen Überwachung und Repression zu schützen versuchten.

Insgesamt rund 500 Jahre Mediengeschichte werden vom DHM mit fünf großen Phasen unter die Lupe genommen: Vor rund 500 Jahren der Buchdruck, vor rund 250 Jahren die Entstehung von Zeitungen, vor rund 90 Jahren das Radio, vor rund 60 Jahren das Fernsehen und vor rund 20 Jahren das Internet.

Im Fokus stehe dabei der mediale Gebrauch politischer Akteure, betont der renommierte Sozialpsychologe Harald Welzer als einer der Kuratoren. Der Professor für Transformationsdesign an der Europa-Universität Flensburg bilanziert: "Hass und Hetzkommunikation, Verunglimpfung, Verächtlichmachung des politischen Gegners" seien kein neues Phänomen, sondern "etwas, was sich durch die ganze Mediengeschichte zieht".
Neben der Verbreitung von Luthers Ideen dank des Buchdrucks, geht die Ausstellung etwa der Massenpropaganda durch die Nationalsozialisten via Radio nach. Gezeigt wird ebenso, wie der Fernseher zum wichtigsten Möbelstück in den Wohnzimmern wurde.

Vor allem der letzte Ausstellungsteil wirft aktuell drängende Fragen auf. Ursprünglich seien mit dem Start des Internets "demokratische Utopien" wie die "Verflüssigung von Demokratie" und eine verstärkte politische Mitbestimmung verbunden gewesen, betont Welzer. Diese Hoffnung habe sich nicht erfüllt. Auch DHM-Präsident Raphael Gross sagt, die Euphorie für die digitale Kommunikation sei in nur wenigen Jahren gekippt in eine "Angst vor einer populistischen Verschiebung des politischen Diskurses".

Die Ausstellung zeigt deshalb Gefahren des Internets wie das massenhafte Sammeln von Nutzerdaten. Politische Öffentlichkeit könne in bisher nicht vorstellbarer Weise manipulierbar werden. So würden mit den neuen Medien auch die Möglichkeiten von Einflussnahme auf Wahlen und insgesamt die Manipulation politischer Öffentlichkeit zunehmen.

Der Ausblick auf die Zukunft der Wechselwirkung von Medien und politischen Öffentlichkeit sei ein "offener Prozess", sagt Sozialpsychologe Welzer: "Es ist eine Aufgabe an uns selbst, in welchem Zustand sich die politische Öffentlichkeit befindet."

(epd) 

Info
Die Ausstellung wird am Donnerstag eröffnet und ist bis zum 11. April 2021 freitags bis mittwochs von 10 bis 18 und donnerstags von 10 bis 20 Uhr zu sehen. Der Eintritt für Besucher unter 18 Jahren ist frei. Das Tagsticket kostet 8, ermäßigt 4 Euro.

www.dhm.de