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„Soll das die Flüchtlingspolitik unserer Kontinente sein?“

Bischof Christian Stäblein enttäuscht über EU-Asylrechtsreform.

Der Flüchtlingsbeauftragte der Evangelischen Kirche in Deutschland, der Berliner Bischof Christian Stäblein, hat die vom Europäischen Parlament beschlossene EU-Asylreform kritisiert:

„Um die jetzt verabschiedete Reform des Gemeinsamen Europäischen Asylsystems wurde lange gerungen. Doch nicht alles was lange währt, ist deshalb schon gut. Internierungslager, Asylprüfungen im Schnellverfahren, mehr Kooperationen mit autokratischen Regimen, Abschiebungen in Länder ohne effektiven Flüchtlingsschutz: Solche Maßnahmen sollen Humanität und Ordnung in die europäische Flüchtlingspolitik bringen.

Wenn ich von diesen Plänen höre, dann führe ich mir die Menschen vor Augen, die diese Politik treffen wird. Unschuldige – auch Familien mit Kindern –, die massenhaft hinter Stacheldraht festgehalten werden. Politisch Verfolgte, die dorthin zurückgebracht werden, von wo sie flohen. Folteropfer, die kein faires Asylverfahren mehr bekommen. Menschen, die im Elend stranden, weil kein Land sie aufnehmen will. Soll das die Flüchtlingspolitik unserer Kontinente sein? Wollen wir das wirklich verantworten?

Ich sage deutlich: Ja, es braucht unbedingt eine Reform des Europäischen Asylsystems, ja, europäische Lösungen sind das, was wir unbedingt brauchen. Doch nicht, indem Unrecht zu Recht umdeklariert wird. Menschenwürde und Mitmenschlichkeit müssen wir wieder in den Mittelpunkt rücken. Ich hoffe und bitte sehr, dass zumindest bei der nationalen Umsetzung der Reform in Deutschland die knappen Spielräume für Humanität und menschenrechtliche Standards genutzt werden.“

Nach jahrelangen Verhandlungen hatte das Europäische Parlament am Mittwoch die EU-Asylreform gebilligt. Das Gesetzespaket sieht unter anderem vor, dass Asylsuchende mit geringer Bleibechance schneller und direkt von den EU-Außengrenzen abgeschoben werden. Für die Schnellverfahren sollen die Menschen bis zu zwölf Wochen unter haftähnlichen Bedingungen untergebracht werden.

Während der Verfahren haben sie nicht dieselben Rechte wie Asylbewerber. Deutschland wollte unter anderem, dass Kinder von Grenzverfahren ausgenommen werden, setzte sich mit dieser Forderung aber nicht durch. Hinzu kommen Sonderregeln für EU-Staaten, die unter besonders hohem Migrationsdruck stehen. Sie können Schutzsuchende noch länger an der Außengrenze festhalten.

(epd/EKBO)