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Eröffnungsrede 8. Tagung der V. Landessynode von Präses Harald Geywitz am 19. April 2024

Kulturforum Görlitzer Synagoge

- es gilt das gesprochene Wort -

Hohe Synode, Anreden,

Unsere Synodaltagung begann in der Frauenkirche und nun sind wir hier versammelt, im „Kulturforum Görlitzer Synagoge“. Heute ein wunderschöner Tagungsort, wurde das Haus für eine lebendige jüdische Gemeinde errichtet, die nach den grauenvollen Jahren bis 1945 nicht mehr existierte. Angesichts unserer spezifischen evangelischen Schuldgeschichte tue ich mich offen gesagt schwer damit, hier in dieser ehemaligen Synagoge zu tagen. Die Synode der EKD hat im November 2015 sehr klare Worte gefunden:

Wir erkennen, welchen Anteil die reformatorische Tradition an der schmerzvollen Geschichte der "Vergegnung" (Martin Buber) von Christen und Juden hat. Das weitreichende Versagen der Evangelischen Kirche gegenüber dem jüdischen Volk erfüllt uns mit Trauer und Scham. Aus dem Erschrecken über historische und theologische Irrwege und aus dem Wissen um Schuld am Leidensweg jüdischer Menschen erwächst heute die besondere Verantwortung, jeder Form von Judenfeindschaft und -verachtung zu widerstehen und ihr entgegenzutreten.

Das gilt auch heute und für uns und angesichts des Erstarkens des Antisemitismus seit 2015 und nach den erschreckenden Ausbrüchen nach dem 7. Oktober 2023 umso mehr. Weil das so ist, unterbreche ich nun meine Eröffnungsrede, damit wir innehalten. Innehalten und uns der Geschichte dieses Ortes vergegenwärtigen. Nach einem Gespräch mit Frau Dr. Goldenbogen, Vorsitzendes des Landesverbandes der jüdischen Gemeinden, habe ich den Vorsitzenden des Fördervereins Görlitzer Synagoge gebeten, uns diesen Ort nahe zu bringen. Ich danke Herrn Seibel für seine Bereitschaft und über gebe ihm nun das Wort

[Grußwort Herr Seibel]

Wir sind dankbar, dass wir heute hier tagen können und werden weder heute noch in Zukunft unsere besondere Verantwortung für jüdische Menschen vergessen.

Wir tagen heute hier in Görlitz aus einem besonderen Anlass. Auf unserer Tagung im November 2023 in Berlin hörten wir ein Grußwort von einer meiner Vorgängerinnen Präses Anneliese Kaminski, Sie war Präses der EKiBB in der Zeit, als gemeinsam mit der EKSOL die Gründung einer neuen Landeskirche beraten und schlussendlich vor dann genau 20 Jahren beschlossen wurde. Der damalige Präses der EKsOL und langjährig der EKBO, Andreas Böer, lebt leider nicht mehr, er wäre sicherlich sehr gerne heute und hier dabei.   Nicht mehr sehr viele der heutigen Synodenmitglieder können sich an diesen Prozess erinnern. Doch es lohnt, sich ihn ins Gedächtnis zu rufen.

Der Weg war mich Sicherheit eines nicht: einfach. Sorgfältig wurde beraten, gestritten und um den besten Weg für unsere Kirche gerungen. Am Ende mussten zwei Synoden darüber entscheiden, was nach mehreren Anläufen und in respektvollem Miteinander gelang. Das bleibt auch heutigen Entscheidungen von solchem Gewicht zu wünschen – es sich nicht zu einfach machen und beharrlich einen guten Weg suchen.

Schon die EKiBB führte Kirchen wieder zusammen, die sich über Jahre in unterschiedlichen Gesellschaftssystemen entwickelt hatten. Der gemeinsame Weg mit der EKSOL brachte noch mehr Wurzeln mit in unsere an evangelischen Bekenntnissen und Traditionen nun reiche Landeskirche. Das können wir mitnehmen in eine gute Zukunft – Vielfalt als Bereicherung zu verstehen und gemeinsam den Rahmen zu schaffen, in dem Gottes frohe Botschaft zum Tragen kommt. Die Landessynode mit Menschen aus allen Kreisen und vielen Werken unserer EKBO ist dafür ein guter Ort.

Die Landessynode ist auch ein Ort, an dem offen über wesentliche Themen informiert und diskutiert wird. Das ist notwendig beim Thema sexualisierte Gewalt. Wir haben dazu zuletzt auf der Herbsttagung 2022 intensiv gesprochen und auch auf allen Tagungen seither war es präsent. Das ist richtig so, denn wir haben uns schuldig gemacht. Wir haben auch bei der Aufarbeitung Fehler gemacht und neue Verletzungen hervorgerufen. Es ist eine bleibende Aufgabe, mit den Betroffenen aufzuarbeiten, auf sie zu hören und in unserer Kirche alles dafür zu tun, dass wir möglichst sichere Orte für alle Menschen werden. Dazu braucht es Ressourcen, mehr als bisher. Erste Entscheidungen haben wir in der Kirchenleitung dafür getroffen, darüber und über die Ergebnisse der ForuM-Studie wird heute noch berichtet. Auch in der Haushaltsberatung im Herbst muss das wiederum Thema sein. Wir haben da noch viel zu tun.

Die Landessynode ist auch ein Ort, an dem gestritten werden darf. Ich wünsche uns allen als Christenmenschen in der Evangelischen Kirche Berlin-Brandenburg-schlesische Oberlausitz, Mut, zusammen zu streiten. Zu streiten für eine Kirche, die weniger Institution ist und mehr Gemeinschaft für alle Menschen. Und auch gemeinsam darüber zu streiten, was gut für uns als Kirche und für unser Land ist. Denn wenn wir nicht gut streiten können, wer denn dann? Wir haben Räume dafür, wir haben kluge Menschen, die ein Gespräch behutsam und doch konsequent führen können und eine Diskussionskultur, die uns nicht auf Abwege geraten lässt. Deshalb sollten wir, so meine herzliche Bitte, gerade in diesem Jahr des 75. Geburtstages unseres Grundgesetzes, aktiv für Demokratie und Rechtsstaat dadurch werben, dass wir noch mehr als bisher Räume des Dialogs anbieten.

So unterschiedlich unsere Meinungen zu allen möglichen Themen sind, es gibt einen gemeinsame Grund auf dem wir stehen: die Würde jedes Menschen als Ebenbild Gottes ist mit aller Kraft zu schützen. Das ist der Anspruch, der uns verbindet und der nicht bloßer Appell sein darf. Wir müssen jeder für sich, aber auch gemeinsam in unserer Gesellschaft dafür einstehen.

Gemeinsamer Grund heißt aber auch, es gibt Grenzen. Diese sollten wir klar benennen. Wenn sich eine Partei wie die AfD offensichtlich immer weiter radikalisiert und immer menschenfeindlichere Positionen vertritt, ist diese Grenze erreicht. Aus meiner Sicht ist es dann auch unvereinbar mit dem Bekenntnis zu Wort und Sakrament und der Ausrichtung des Lebens auf Jesus Christus, dort als Mitglied oder anderswie mitzumachen. Das ist in allererster Linie eine inhaltliche Frage aus unseren Glaubensüberzeugungen heraus, keine rechtliche. Der Antrag des Ältestenrats ist in diesem Sinne eine inhaltliche Positionierung auf der Grundlage unserer christlichen Überzeugungen. Sollten rechtliche Fragen zu klären sein, werden das synodale Ausschüsse und Konsistorium gewiss gut vorbereiten für folgende Tagungen.

Die Holocaust-Überlebende Margot Friedländer sagte in den letzten Monaten angesichts der Lage unserer Demokratie, sie sei besorgt und traurig. Und: „So hat es damals auch angefangen“. Wir sollten diese Mahnung ernst nehmen und unserer Verantwortung gerecht werden.