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„Verantwortung tragen – Verzweiflung aushalten“

B.Z. Kolumne 26. Januar 2023 Bischof Dr. Christian Stäblein

Nun also Kampfpanzer. Das lässt mich, das lässt uns schwer schlucken. Es ist historisch mehr als bedrückend, dass wir acht Jahrzehnte später wieder Panzer geben, mit denen in diesem Teil Europas angegriffen werden kann. Das habe ich mir lange nicht vorstellen können. Aber so vieles, was seit fast einem Jahr der Ukraine widerfährt an furchtbarem Vernichtungskrieg, haben wir uns nicht vorstellen können. Historische Zwangslage also in der Verteidigung der Ukraine. Schwer schlucken tun wir und müssen wir trotzdem.

 

Es ist auch religiös, christlich, biblisch mehr als bedrückend. Es ist wirklich zum Verzweifeln. Die Bibel erinnert uns daran, Jesus Christus predigt uns, dass wir ohne Waffen Frieden schaffen wollen, dass die christliche Grundhaltung in Friedensliebe und Selbstrücknahme besteht. Christlich muss man an dieser Situation verzweifeln. Denn dennoch gilt ja: es ist auch ganz und gar nicht christlich, andere Menschen sich und ihren Angreifern zu überlassen. Es ist ganz und gar nicht christlich zuzuschauen, wenn ein Land vernichtet werden soll. Wer hier zuschaut, muss auch sagen können, warum. Und was er den Menschen dort antut. Deshalb liefern die europäischen Länder Waffen. Und deshalb ertrage ich, dass sie Waffen liefern, ja halte das bei aller Verzweiflung und bei aller Bedrückung für nicht falsch. Vielleicht muss man es so zusammenfassen: Sehr schwer erträglich. Auch in christlicher Ethik überaus bedrückend, aber womöglich nicht falsch.

 

Was würde Jesus dazu sagen, ist die Überschrift dieser Kolumne. Ich frage mich das in diesen Monaten immer wieder. Natürlich weiß ich es nicht. Ich denke aber, er würde auch sagen: Ja, in diesem Leben gibt es Momente und Entscheidungen, die schwer auszuhalten sind. In denen viel Verzweiflung mitschwingt. Der wir uns stellen müssen und die wir vor Gott tragen dürfen. Genauso unsere Bitte um Frieden. Auch die dürfen und sollen wir immer wieder vor Gott tragen. Dass er uns den rechten Weg zeige. Den Weg des Friedens. Und seinen Frieden bringe, der eines Tages ein Frieden ohne Waffen sein wird. Dann rufe ich Halleluja. Eines Tages. Bis dahin aber müssen wir unsere Verantwortung tragen, unsere Verzweiflung und Bedrückung aushalten. Und Menschen helfen und beistehen.

Letzte Änderung am: 28.02.2023