Zur Hauptnavigation springen Zur Suche springen Zum Inhalt springen
InstagramRSSPrint

Der Herr ist wahrhaftig auferstanden

B.Z. Kolumne vom 20. April 2023

Die Kirche ist kalt, aber die Herzen sind warm. Die Menschen nicken einander zu in der Thomaskirche in Kreuzberg. Kinder laufen mit Osternesten durch den Raum, bringen sie vor dem Altar in Position. Von Minute zu Minute kommen mehr Menschen, längst sind alle Plätze belegt, hinten wird gestanden.

Ich rede vom vergangenen Sonntag, Osterfeier der orthodoxen Kirche für die Ukrainerinnen und Ukrainer, die bei uns sind. Das orthodoxe Osterfest ist in diesem Jahr eine Woche nach unse-rem, das liegt an dem anderen Kalender, den sie dafür zu Grunde legen. Verschiedene Termine, gemeinsamer Glaube: Der zentrale Satz des Gottesdienstes verbindet ja Christinnen und Chris-ten über alle Richtungen hinweg: Der Herr ist auferstanden, er ist wahrhaftig auferstanden. Der Priester und die Gemeinde rufen es laut im Wechsel auf Ukrainisch. Mehrfach. Immer wieder im Gottesdienst. Immer lauter. Von Mal zu Mal hellen sich die Gesichter mehr auf. Der Herr ist auferstanden: Das ist die große Hoffnung. Dass der Tod nicht das letzte Wort hat. Dass bei Gott das Leben stärker ist, stärker als der Tod ist die Macht Gottes. Darin liegt auch die Hoffnung, dass der Krieg nicht das letzte Wort hat. Und all das Unrecht und Leid, dass die Menschen in der Ukraine im Moment erfahren, auch das wird nicht das letzte Wort haben.

Es sind vor allem Frauen und Kinder im Gottesdienst, Geflüchtete. Was mit den Männern ist, dafür braucht man nicht viel Phantasie. Ostern im Krieg. Während ich den Menschen im Gottes-dienst zusehe, denke ich: wir reden viel über Waffen. Reden wir auch genug über die Men-schen? Ich sehe die Kinder mit ihren Osternestern, in denen Eier, Schokolade und hier und da Kuchen liegt. Es gehört zum ukrainischen Osterbrauch, dass diese Nester gesegnet werden. Und in ihnen das Leben. Und mit ihnen die Kinder. Die leben wollen. Deren Herzen und Seelen so geschunden sind. Und für deren Seelen Gott sorgen will. Und wir mit ihm, soweit wir können. Gut, dass es diesen Gottesdienst hier in der Thomaskirche gibt. Im Zeichen der Auferstehung

Letzte Änderung am: 20.04.2023