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Flüchtlinge ziehen Drei-Meter-Arche durch Berlin

Berliner Kirche sucht nach Lösung für Flüchtlinge

19. Mai 2015.Die evangelische Kirche in Berlin ringt um eine Lösung für die etwa 110 Flüchtlinge vom Oranienplatz, die Gemeinden und Privatpersonen seit acht Monaten versorgen und beherbergen. Der Senat lässt die Kirche aber bislang hängen.

Berlin (epd). Mehr als 100 ehemalige Oranienplatz-Flüchtlinge wollen am Freitag mit einer selbst gebauten drei Meter langen Arche durch Berlin ziehen. Mit dem Protestmarsch von der Parochialkirche in Mitte zur Heilig-Kreuz-Kirche in Kreuzberg solle ein deutliches Zeichen gesetzt werden. Es solle gezeigt werden, "wir sind noch da", wie die stellvertretende Superintendentin des Kirchenkreises Berlin-Stadtmitte, Silke Radosh-Hinder, am Dienstag ankündigte. Die Kirchen in Berlin beherbergen und versorgen seit vergangenem September etwa 110 der früheren Bewohner des Protestcamps vom Oranienplatz in Gemeindehäusern und Privatwohnungen, um sie vor Obdachlosigkeit und Abschiebung zu schützen.

Vom Berliner Senat fordert die evangelische Kirche eine Perspektive für diese Menschen, die noch nicht mal einen Duldungsstatus haben, aber zum Teil bereits seit mehreren Jahren in der Stadt leben. "In der Politik der Stadt werden die Oranienplatz-Flüchtlinge nicht mehr wahrgenommen", kritisierte der frühere Heilig-Kreuz-Pfarrer Jürgen Quandt. Nicht zuletzt durch die Oranienplatz-Vereinbarung vom März 2014 habe Berlin eine besondere Verantwortung für diese Menschen. "Was wir als Kirche für sie erreichen wollen, ist eine Aufenthaltsperspektive", sagte Quandt. Das sei aber bislang nicht gelungen.

Bei einem Treffen habe Berlins Regierender Bürgermeister Michael Müller (SPD) dem Berliner Bischof Markus Dröge zugesichert, die Kirche mit den Flüchtlingen nicht allein zu lassen. "Wir erwarten vom Senat deshalb die Bereitschaft, gemeinsam nach einer Lösung zu suchen, die nicht nur formaljuristisch ausgelegt wird, sondern die Menschen mit einbezieht", sagte Quandt. Bislang sei der Senat aber nicht dazu bereit.

Vorschlag der Kirche sei eine zunächst sechsmonatige Duldung für die Betroffenen und eine Arbeitserlaubnis, sagte Quandt weiter. Die Menschen ertrügen die Untätigkeit nur schwer und wollten sich nützlich machen. Für 16 Flüchtlinge hat der Evangelische Friedhofsverband des Kirchenkreises Berlin-Stadtmitte, dessen Geschäftsführer Quandt ist, seit Mai auf einer leeren Friedhofsfläche ein "Gardening-Projekt" gestartet. Weitere Arbeitsmöglichkeiten seien geplant. Laut Quandt gibt es auch positive Signale aus der Berliner Wirtschaft, Flüchtlinge zu beschäftigen. Voraussetzung sei aber die Klärung ihre rechtlichen Status.

Zudem will der Friedhofsverband Flüchtlingsunterkünfte auf stillgelegten Friedhofsflächen errichten. Dafür habe der Verband bis zu zwölf Standorte mit insgesamt 50.000 Quadratmeter identifiziert, sagte Quandt. Gedacht sei an kleine Einheiten in Leichtbauweise für 80 bis 120 Personen. Dabei sollen nicht nur Flüchtlinge, sondern auch andere auf billigen Wohnraum angewiesene Gruppen wie etwa Studenten oder Künstler berücksichtigt werden. Der Senat habe bereits Interesse signalisiert.

Um wieder von der Berliner Öffentlichkeit wahrgenommen zu werden, halten die Flüchtlinge bereits seit Montag eine fünftägige Mahnwache an der Parochialkirche ab. Dort, direkt gegenüber der Berliner Innenverwaltung, bauen sie auch die Arche zusammen. Mit dem Protestmarsch nach Kreuzberg soll nach Worten der stellvertretenden Superintendentin Radosh-Hinder auch ein Kontrapunkt zur Schönheit des am Wochenende stattfindenden Karneval der Kulturen gesetzt werden. "Vielfalt hat auch seinen Preis", sagte die evangelische Theologin.