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Report kritisiert ungleiche Freiheiten und Rechte in Corona-Krise

Der diesjährige Grundrechte-Report von Bürgerrechtsorganisationen zieht eine erste kritische Bilanz der Corona-Krise. Scharf kritisiert wird auch die Debatte um die sogenannte Clankriminalität.

Berlin (epd). Bürger- und Menschenrechtsorganisationen kritisieren ungleiche Freiheiten und Rechte in der Corona-Krise. Die staatlichen Einschränkungen zur Bekämpfung der Corona-Pandemie hätten besonders die schwächsten Gruppen in der Gesellschaft getroffen, heißt es in dem am Mittwoch in Berlin veröffentlichten 25. Grundrechte-Report. Der seit mehr als 20 Jahren von Bürgerrechtsorganisationen herausgegebene Report „Zur Lage der Bürger-und Menschenrechte in Deutschland“ gilt auch als „Alternativer Verfassungsschutzbericht“.

Die Integrationsforscherin Naika Foroutan, kritisierte, die betroffenen Gruppen könnten sich am wenigsten gegen Eingriffe des Staates wehren. „Ungleiche Rechte spiegeln daher auch den strukturellen Rassismus in diesem Land“, sagte die Professorin für Integrationsforschung und Gesellschaftspolitik an der Berliner Humboldt-Universität bei der Vorstellung des Reports.

Sie nannte den Gleichheitsgrundsatz ein großes Versprechen, das mit der empirischen Realität abgeglichen werden müsse. So arbeiteten viele Menschen mit Migrationsgeschichte in systemrelevanten Berufen wie der Altenpflege (37 Prozent) oder im Post- und Zustellungswesen (35 Prozent). Gleichzeitig lebten sie häufig gemeinsam mit vielen Menschen in beengten Wohnverhältnissen verbunden mit einer hohen Ansteckungs- und Ausbreitungsgefahr durch das Virus.

Diese vorgelagerten Fehlentwicklungen und Ungleichheiten in der Gesellschaft seien durch das „Brennglas“ Corona stärker aufgefallen, sagte Foroutan. Aufgabe der Politik sei es, dies zu korrigieren.
Besorgniserregend nannte sie auch die Verletzung der Grundrechte im Bereich des Asyl- und Aufenthaltsrechtes. Dazu zähle die Blockade der Bundesregierung bei der Aufnahme von Geflüchteten aus dem griechischen Flüchtlingslager Moria auf Lesbos. Ein weiteres Beispiel seien die haftähnlichen Kollektivquarantänen, die in Sammelunterkünften für Geflüchtete hierzulande verhängt wurden.

So berichtete der kurdische Flüchtling Kawe Fatehi von einer fünfwöchigen Kollektivquarantäne im März 2020 in einer Sammelunterkunft in Halberstadt (Sachsen-Anhalt). Mehr als 800 Menschen durften in dieser Zeit die Häuser nicht verlassen, pro Stockwerk habe es nur zwei Toiletten gegeben und praktisch keine Informationen durch die Behörden. „Wir hatten alle Angst, wir könnten sterben“, berichtete Fatehi.
In dem Report wird auch die Debatte um die sogenannte Clankriminalität scharf kritisiert. Arabische, türkische und südosteuropäische Gruppierungen würden nach rassistischen Stereotypen unter einen Generalverdacht gestellt, sagte Mohammed Chahrour von der Berliner Initiative „Kein Generalverdacht“.
„Die Sippenhaft wird zur Handlungsanleitung für Polizisten“, kritisierte Chahrour. Die Menschen mit arabischen oder türkischen Wurzeln in Deutschland empfänden dies als degradierend. Dabei sei das Ganze kein ethnisches, sondern ein soziales Problem. Der rassistische Anschlag von Hanau im Februar 2020 zeige zudem, dass die Clandebatte die Menschen zur Zielscheibe von Rechtsextremisten mache.

epd ost mg phi