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Cottbus: Miteinander reden, nicht gegeneinander

Seit März gibt es im Kirchenkreis Cottbus die Projektstelle „Miteinander Reden. Demokratisches Gemeinwesen stärken“. Sie ist mit Jost Hasselhorn besetzt. Im Interview mit ekbo.de erzählt der Niedersachse, wie es ihn in die Region Cottbus verschlagen hat, was er dort bewegen will – und warum.

Jost Hasselhorn, Projektstelle "Miteinander Reden. Demokratisches Gemeinwesen stärken" in Cottbus, Foto: Helmut Falk
Jost Hasselhorn, Projektstelle "Miteinander Reden. Demokratisches Gemeinwesen stärken" in Cottbus, Foto: Helmut Falk

ekbo.de: Herr Hasselhorn, Sie arbeiten seit März im Kirchenkreis Cottbus im neuen Projekt „Miteinander Reden. Demokratisches Gemeinwesen stärken“. Was hat Sie dorthin gebracht?

Jost Hasselhorn: Vor allem meine 14 Jahre an der Dresdner Frauenkirche als Referent für Geistliches Leben haben mich vielfach mit den Fragen und Sorgen und dem Unmut von Menschen in Kontakt gebracht. All diesem will ich in dem Versöhnungsgeist der Kathedrale von Coventry begegnen (ich bin seit 2007 Mitglied im Leitungskreis der deutschen Nagelkreuzgemeinschaft, und daher auch in Berührung mit der Versöhnungsarbeit in Cottbus). Daher war mir bald klar, als ich von dieser neu entstehenden Stelle hörte, dass dies eine lohnenswerte Sache für mich ist, weil es anschließt an viele Gespräche der letzten Jahre.

ekbo.de: Warum braucht Cottbus diese Stelle?


Hasselhorn: Einige Regionen Deutschlands brauchen Unterstützung, damit unsere Demokratie gelingt, aber Cottbus ist zurzeit besonders gebeutelt. Die Region befindet sich im Umbruch. Die Menschen sind verunsichert, weil alles sich rapide verändert: die Arbeit, der Kohleausstieg, die Zusammensetzung der Bevölkerung, der Zusammenhalt. Eine Veränderung folgt der nächsten, erst kam der Mauerfall mit der D-Mark, dann zogen die jungen Leute weg. Gewachsene Strukturen tragen nicht mehr. Es sind viele Menschen zugezogen, die erstmal fremd wirken und andere Gebräuche haben. Die Situation nutzen einige aus für gezielte Stimmungsmache gegen Geflüchtete und andere Minderheiten. Die Menschen reden kaum noch miteinander über bestimmte Themen – oder sie sprechen nur mit Gleichgesinnten. Dadurch ist das Gemeinwesen gefährdet!

ekbo.de: Sie wollen also die Leute miteinander ins Gespräch bringen?


Hasselhorn: Unbedingt! Unsere Demokratie lebt davon, dass wir unterschiedliche Meinungen aushalten. „Ertragt einander in Liebe“, heißt es bei Paulus. Das christliche Menschenbild ist eine gute Grundlage, um zu gegenseitiger Achtung (zurück) zu finden, auch wenn Meinungen auseinandergehen. Wir brauchen dringend den Raum und die Bedingungen für konstruktive Gespräche und notwendige Diskussionen. Wir müssen es möglich machen, Fragen zu stellen, Ängste zu äußern, damit menschenfeindliche Hetze keine Chance mehr hat. Es besteht Handlungsbedarf.

ekbo.de: Wie wollen Sie das machen?

Hasselhorn: Wir werden Menschen ermutigen, sich der Auseinandersetzung mit gruppenbezogener Menschenfeindlichkeit zu stellen, auch wenn sie mühsam ist. Sowohl im Alltag als auch in der Öffentlichkeit gilt es, konkret Partei für Menschen zu ergreifen, die pauschal angegriffen werden. Wir wollen Situationen und Umgebungen schaffen, in denen ein achtungsvolles Gespräch gelingen kann. Und damit beginnen wir in den kirchlichen Gruppen der Region. Streit zu vermeiden ist nämlich keine Lösung. Wir müssen miteinander sprechen und unsere Meinungen austauschen. Miteinander und nicht gegeneinander reden. Die Erfahrungen aus dieser Arbeit sollen dann anderen gesellschaftlichen Gruppen helfen. Aber lassen Sie mich erstmal anfangen, ich habe ja gerade erst mein Büro bezogen…

Kontakt
Jost Hasselhorn
Evangelischer Kirchenkreis Cottbus
"Miteinander Reden. Demokratisches Gemeinwohl stärken"
Kirchstraße 1, 03051 Cottbus OT Kahren
Telefon: 01744531976 / 0355-48 87 31 76
j.hasselhorn(at)ekbo.de