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Altbischof Dröge: Nach Corona-Krise mehr Gemeinwohlbewusstsein nötig

"Jeder ist sein eigenes Ego-Institut, das funktioniert nicht mehr", sagt der Berliner Altbischof Dröge. Stattdessen würden nach der Corona-Krise ein größeres Gemeinwohlbewusstsein und gesellschaftliche Solidarität gebraucht.

Nach der Corona-Krise hält der Berliner Altbischof Markus Dröge ein größeres Gemeinwohlbewusstsein und mehr gesellschaftliche Solidarität für dringend nötig. Durch die Covid-19-Pandemie seien Problemfelder aufgebrochen und sichtbar geworden, "die schon immer latent da waren, nun aber existenziell werden für die Betroffenen", sagte der frühere Bischof der Evangelischen Kirche Berlin-Brandenburg-schlesische Oberlausitz am Dienstag. Er äußerte sich bei einer Online-Podiumsdiskussion mit Vertretern aus Politik, Wissenschaft, Kirche und Diakonie zum Thema "Grundrechte, Kritik und Solidarität in Zeiten von Corona".

Als Beispiel nannte der Theologe soziale Probleme etwa im Bildungsbereich. Deutlich geworden sei auch, dass stark gemeinwohlorientierte Berufe wie in der Pflege oder pädagogische Berufe zu wenig Aufmerksamkeit und gesellschaftliche Unterstützung haben. Sichtbar geworden seien zudem die Folgen von prekären Wohnsituationen etwa von Arbeitern oder ärmeren Bevölkerungsgruppen.

"Im Wirtschaftsbereich gibt es die Gewinner und die Verlierer", betonte Dröge mit Blick auf die Pandemie. Künftig seien größere Verteilungskämpfe zu befürchten. Nach der Corona-Krise werde deshalb ein neues Bewusstsein dafür gebraucht, "dass Gemeinwohl und gesellschaftliche Solidarität ein hohes Gut sind".

Dröge sagte: "Wir müssen alle lernen, über die eigene Blase hinaus zu denken, zu reden und zu handeln, damit der Zusammenhalt der Gesellschaft erhalten bleibt." Und weiter: "Jeder muss sein eigener Manager sein, jeder ist sein eigenes Ego-Institut, das funktioniert nicht mehr, wenn es eine Krise gibt, wo alle Menschen zusammenhalten müssen."

Zugleich sprach sich Dröge für eine möglichst rasche Komplettöffnung von Kitas aus. Es sollte eine grundsätzliche Freigabe in der Verantwortung der Träger geben. Ähnlich wie bei der Freigabe der Gottesdienste, als die Kirchengemeinden vor Ort angepasste Lösungen zur Einhaltung der Hygieneregeln entwickelt hatten, müsse es auch im Kita-Bereich sein.

So sollten die verschiedenen Träger vor Ort entscheiden, in welchem Umfang sie unter Einhaltung der Schutzmaßnahmen eine möglichst weitgehende Öffnung umsetzen können. "Ich halte es für einen Grundzug unserer freiheitlichen Gesellschaft, dass nicht einfach dekretiert wird", sondern es auch die individuelle Verantwortung gebe, betonte der Altbischof.

Die Vizepräsidentin des Thüringer Landtags, Dorothea Marx (SPD), sagte, die Corona-Krise habe die eigene Verletzlichkeit deutlich gemacht. Zudem erinnerte sie daran, dass es zu Beginn der Pandemie bei den Maßnahmen zur Eindämmung des Coronavirus um das Ziel gegangen sei, die Menschenwürde zu erhalten. Es sollte eine Überlastung des Gesundheitssystems und eine damit verbundene mögliche Diskriminierung verschiedener Patientengruppen bei der medizinischen Behandlung vermieden werden.

Konstruktive Kritik an den Schutzmaßnamen sei berechtigt. Wenn aber etwa Teilnehmer der sogenannten Hygienedemos die Regeln wie das Tragen eines Mund-Nasen-Schutzes gar nicht einhalten, sei dies "wirklich problematisch und nicht verantwortlich", sagte Marx. Sie verwies zugleich darauf, dass Umfragen zufolge die Bevölkerungsmehrheit die Schutzmaßnahmen weiter begrüßt.

(epd)