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Weiter rund 100 Flüchtlinge in Berliner Kirchengemeinden

Bischof Dröge fordert neue europäische Flüchtlingspolitik

In Berlin harren seit langem zahlreiche Flüchtlinge in der Obhut der Kirche aus. Der Staat müsse nun Lösungen anbieten, fordert der evangelische Bischof Markus Dröge. Und: Eine neue europäische Flüchtlingspolitik muss her.

24. April 2015. Berlin (epd). In Berlin sind weiter rund 100 Flüchtlinge in Kirchengemeinden untergebracht. Trotz intensiver Gespräche sei es noch nicht gelungen, eine Lösung für die Menschen zu erreichen, die weiter mit ungeklärtem Rechtsstatus in der Stadt geduldet und von engagierten Menschen betreut würden, sagte der Bischof der Evangelischen Kirche Berlin-Brandenburg-schlesische Oberlausitz, Markus Dröge, am Freitag bei der Synodentagung der Landeskirche in Berlin. Die Flüchtlinge sind überwiegend ehemalige Bewohner des Camps auf dem Kreuzberger Oranienplatz, das vor rund einem Jahr abgebrochen wurde.

Die Gemeinden hätten die Flüchtlinge aufgenommen, "als das Land Berlin seine Zuständigkeit für beendet erklärt hat", betonte Dröge. Diese Verantwortung könne jedoch nicht dauerhaft übernommen werden.

Das Land Berlin argumentiere bislang, die Flüchtlinge müssten sich an die für sie zuständigen Stellen in anderen Bundesländern oder anderen europäischen Ländern wenden, kritisierte Dröge. Es sei jedoch moralisch nicht zu vertreten, Menschen über fast zwei Jahre faktisch in Berlin zu dulden, mit ihnen zu verhandeln und Vereinbarungen zu schließen, um dann schließlich die Nicht-Zuständigkeit zu erklären, betonte der Bischof.

Deshalb sollten befristete Duldungen erteilt werden, um so eine juristische Vorprüfung und eine Fallprüfung der Innenverwaltung möglich zu machen. "Dieses Angebot, das auch der Senatsverwaltung endlich einen juristisch klaren Weg der Problemlösung ermöglichen würde, steht immer noch im Raum, und ich warte auf einen Gesprächstermin, an dem zielführend über dieses Angebot verhandelt werden kann", betonte Dröge.

Der Bischof forderte zugleich eine neue Flüchtlingspolitik in Europa. Der Tod der mehr als 800 Menschen, die bei dem jüngsten Flüchtlingsdrama im Mittelmeer ums Leben gekommen sind, "schreit zum Himmel", sagte Dröge. Die Moral des "Wir sind nicht zuständig" sei am vergangenen Wochenende "endgültig ans Ende gelangt".

"Das Flüchtlingsthema ist für Europa eine epochale Herausforderung", betonte Dröge. Europa stehe vor der Frage, ob es "noch eine Staatengemeinschaft, die sich als Wertegemeinschaft versteht, oder nur ein Zweckbündnis, um Wirtschafts- und Machtinteressen durchzusetzen" sei. "Wann, wenn nicht jetzt, ist der Zeitpunkt zu handeln", sagte Dröge. Wenn weiterhin zugesehen werde, wie Menschen ihr Leben auf dem Mittelmeer elend verlieren, "dann verliert auch Europa seine Seele".

Erforderlich sei ein transparentes Einwanderungsverfahren, das international bekannt gemacht werden müsse, "damit Menschen sich nicht mit falschen Hoffnungen auf den Weg machen", betonte Dröge. Im Mittelmeer sei zudem ein neues Rettungssystem notwendig, auch "um die uralte ethische Pflicht der Rettung Schiffsbrüchiger nicht verkommen zu lassen".

Der Bischof erinnerte zugleich an die Opfer des Völkermordes an den Armeniern im Osmanischen Reich vor 100 Jahren. "Wir sehen uns in der Verantwortung, dafür zu sorgen, dass dieser Genozid, an dem auch Deutsche zumindest mittelbar mitbeteiligt waren, nicht vergessen oder geleugnet wird", sagte Dröge.

Die Synodentagung endet am Samstag. Dem Kirchenparlament gehören 114 Synodale an, die rund eine Million Protestanten in Berlin, Brandenburg und Ostsachsen vertreten.