Nach dem antisemitischen Anschlag von Halle ruft die Evangelische Kirche in Deutschland (EKD) für Freitag zu Menschenketten um Synagogen auf. "Nach dem schrecklichen Anschlag in Halle setzen wir mit dieser Aktion ein Zeichen der Solidarität mit unseren jüdischen Geschwistern", erklärte der Ratsvorsitzende der EKD, Heinrich Bedford-Strohm, am Donnerstag in Hannover.
Die EKD unterstützt damit einen Aufruf leitender Geistlicher der Kirchen in Sachsen-Anhalt auch für andere deutsche Städte. Diese hatten dazu aufgerufen, sich während der Sabbat-Feier "als Zeichen der Solidarität und engen Verbundenheit mit unseren jüdischen Geschwistern" mit einer Menschen- und Lichterketten während der Sabbat-Feier schützend um Synagogen zu stellen.
"Wir dürfen einfach nicht zulassen, dass Menschen jüdischen Glaubens in unserem Land bedroht werden oder sich bedroht fühlen. Und wir müssen zeigen: Kein Mensch, gleich welcher Religion, darf Opfer von Gewalt werden!", betonte der EKD-Ratsvorsitzende Bedford-Strohm.
In Halle waren am Mittwoch während eines Gottesdienstes zum jüdischen Feiertag Jom Kippur in der Nähe der Synagoge zwei Menschen erschossen worden. Der Täter hatte versucht haben, in die Synagoge einzudringen, was aber misslang. Am frühen Nachmittag wurde der Verdächtige Stephan B. festgenommen. Generalbundesanwalt Peter Frank sprach am Donnerstag von Terror.
(epd)
Am Mittwoch, dem Tag des Anschlags, äußerte sich Bischof Markus Dröge folgendermaßen:
"Heute am Jom Kippur, dem höchsten jüdischen Feiertag, dem Versöhnungsfest, hat uns der Anschlag von Halle entsetzt und erschüttert: Ein bewaffneter Mann hat versucht, in die Synagoge einzudringen. Es ist ihm nicht gelungen, aber er hat außerhalb der Synagoge zwei Menschen getötet. Heute wollen wir wachen und beten. Und die Opfer und ihre Angehörigen in unsere Gebete einschließen. Wir denken hier in der Gethsemanekirche an unsere jüdischen Geschwister, die heute den Versöhnungstag feiern und doch geschützt werden müssen vor denen, die keine Versöhnung wollen, sondern Hass säen und den Tod bringen."
Außerdem hat Bischof Markus Dröge am Donnerstag dem Präsidenten des Zentralrats der Juden Josef Schuster in einem Brief die Betroffenheit und die Solidarität der evangelischen Landeskirche mit den jüdischen Gemeinden nach dem Anschlag in Halle übermittelt:
„Mit großer Betroffenheit und erschüttert von der Gewalt, die gegen die Synagoge in Halle gestern gerichtet war, möchte ich Ihnen die Verbundenheit unserer evangelischen Landeskirche übermitteln und unsere Solidarität versichern.
Mir ist sehr deutlich, welche Erschütterung dieser Anschlag für die jüdischen Gemeinden in unserem Land bedeutet und wie viel Besorgnis und Angst er unter Jüdinnen und Juden auslösen wird. Es ist eine neue Qualität der Gewalt, dass ein Attentäter bei Tageslicht vermummt durch die Stadt fährt und gezielt Menschen tötet.
Ich wünsche mir sehr, dass dieses Attentat Ihre Gemeinden nicht daran zweifeln lässt, wie viele Menschen in unserem Land und in der evangelischen Kirche an Ihrer Seite stehen. Für uns als evangelische Kirche ist der Satz von Dietrich Bonhoeffer, „Nur wer für die Juden schreit, darf auch gregorianisch singen“ eine nicht nur in die Geschichte unserer Kirche und unseres Landes gerichtete Aussage, sondern auch eine aktuell und bleibend verpflichtende Mahnung.“
Bischof Dröge betont, dass die evangelische Landeskirche sich weiterhin dafür einsetzen wird, dass dem Rechtsextremismus, dem Antisemitismus und der Menschenverachtung nach allen Kräften gewehrt wird.
Auch die Bischöfe der Kirchen in Mitteldeutschland meldeten sich zu Wort.