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Dorfkirche des Monats August - Scheunenkirche Wilmersdorf (UM)

Text über die Dorfkirche von Hans Tödtmann

„Zur Dorfkirche ausgebaut 1936 ** im Olympiajahr“

Wilmersdorf liegt in der südlichen Uckermark im Biosphärenreservat Schorfheide-Chorin unweit der Autobahnabfahrt Pfingstberg. Das 2003 in die Stadt Angermünde eingemeindete, heute um die 220 Einwohner zählende Straßendorf wurde schon in der Mitte des 13. Jh. gegründet und wird 1321 erstmals urkundlich erwähnt. Die mittelalterliche Dorfkirche fiel 1469 wohl im Zuge des Stettiner Erbfolgekrieges einer Brandschatzung zum Opfer. Noch heute vermisst der Besucher einen Kirchturm im Dorf.

Die Dorfchronik gibt keine klare Auskunft, warum die Kirche über mehr als 450 Jahre nach ihrer Zerstörung nicht wieder aufgebaut wurde. Gesichert ist, dass das Rittergut Wilmersdorf 1626 von Friedrich von Buch erworben wurde. Nach dessen Tod wurde das Dorf wiederholt verpfändet, aber seit 1737 befand sich das Gut Wilmersdorf im ununterbrochenen Besitz der Familie von Buch bis zur Umwandlung in einen Volkseigenen Betrieb nach dem Zweiten Weltkrieg. Die erhaltene Bronzeglocke von 1888 ist kein Beweis, dass es seinerzeit eine Kirche in Wilmersdorf gab. Sie hing nämlich in einem Gerüst frei auf dem Dorfplatz. Berichtet wird, dass Gottesdienste in privaten Räumen, im Schulhaus oder in der Gärtnerei stattfanden.

In den 1930er-Jahren erweiterten Alexander und Anna von Buch die Gutsanlagen. Die Patronatsfamilie beabsichtigte, eine neue Dorfkirche zu stiften. Aber der Antrag eines Kirchenneubaus wurde 1935 von der zuständigen Behörde abgelehnt. Es wird vermutet, dass diese Entscheidung ein Resultat der im Grunde kirchenfeindlichen nationalsozialistischen Religionspolitik war.

So kam es, dass eine von der Straße zurückliegende geräumige Fachwerkscheune, in der früher die Rückpferde der gutseigenen Försterei untergebracht waren, zu der von außen nicht als Sakralbau erkennbaren „Scheunenkirche“ umgebaut wurde – eine wohl einmalige Lösung. Der westliche Giebel, die Altarwand, wurde in Backstein erneuert. Auf der östlichen Seite wurde ein Leichenraum abgetrennt. Der Fußboden erhielt eine Dielung und die Decke eine Holzverschalung.

Der aus Angermünde stammende Berliner Maler Erich Kistenmacher dekorierte die Decke, die Kanzel und das Patronatsgestühl in Anlehnung an die traditionelle, farbenfreudige Bauernmalerei. Kistenmacher bemalte nur die zurückliegenden Bretter der Deckenschalung, so dass zahlreiche in Ost-West-Richtung laufende farbige Bänder entstanden. Sie sind dicht gefüllt mit Blumen, Blättern, Ähren und Weinranken. In die Bänder eingefügt sind säkulare und christliche Symbole, Kreuze, Sterne, Herzen – und immer wieder das Wilmersdorfer „W“. Eingebettet in den Pflanzenschmuck der Bänder sind Bibelsprüche und Choralanfänge, die Anna von Buch persönlich ausgewählt haben soll und deren Anordnung im Raum wohlbedacht ist. Über dem Altarkreuz liest man: „Der Herr ist nahe“. Über der Kanzel findet sich die Mahnung: „Predige das Wort!“. Über der Taufe: „Lasset die Kindlein zu mir kommen!“ Über den Bankreihen: „Seid aber Täter des Wortes und nicht Hörer allein!“ Und über dem Patronatsgestühl: “Ein feste Burg ist unser Gott.“ Am Eingang zum Kirchenraum ist an der Decke vermerkt: „Zur Dorfkirche ausgebaut 1936 ** im Olympiajahr“. – Die Texte lassen erkennen, dass das Stifterpaar in einer Zeit, in der der Nationalsozialismus sich weltoffen und friedlich gab und in der die breite Strömung der „Deutschen Christen“ das Evangelium mit dem Nationalsozialismus vereinbar zu machen versuchte, am althergebrachten protestantisch-christlichen Glauben festhalten wollte.

Nachdem ein umfangreicher Maßnahmen- und Finanzierungsplan der Kirchengemeinde zur Erneuerung der Dacheindeckung sowie zur Fußboden- und Balkensanierung der Scheunenkirche am Ausfall des Finanzierungsbeitrags des Kirchenkreises gescheitert war, gründete sich 2018 zum denkmalgerechten Erhalt und zur erweiterten Nutzung der Wilmersdorfer Scheunenkirche ein Förderverein. Günter Simon, der damalige, und Dietrich von Buch, der heutige Vorsitzende des Vereins, sowie Ehefrau Ute weisen darauf hin, dass mit wenig Geld und viel Selbsthilfeleistungen die dringendsten Instandsetzungsmaßnahmen ausgeführt werden konnten. Im Altarbereich wurde die marode Dielung erneuert, so dass der aktive Chor wieder sicheren Boden unter den Füßen hat. Und der Nebenraum wurde für den außerschulischen Religionsunterricht hergerichtet.

Große Sorge machen unverändert Undichtigkeiten der Dacheindeckung. Es zeigen sich an der bemalten Decke über dem Kirchenraum bereits Wasserflecken, die das Kunstwerk gefährden. Aktuell erhält die Holzdecke auf der Seite des Dachraums einen Schutzboden und die Dachpfannen werden unterseitig durch Kalkmörtel gegen Schlagregen und Flugschnee abgedichtet. Die Kosten betragen 12.000 Euro. Der Förderkreis Alte Kirchen Berlin-Bandenburg e.V. beteiligt sich an der Finanzierung. Spenden für diese und weitere dringende Instandsetzungsmaßnahmen sind hochwillkommen.

Weitere Informationen:
Dietrich von Buch, Förderverein Scheunenkirche Wilmersdorf e.V., Tel. 033334 – 7 01 71
Mail: post(at)scheunenkirche.de

Spendenkonto:  Förderkreis Alte Kirchen Berlin-Brandenburg e.V.
Evangelische Bank – IBAN: DE94 5206 0410 0003 9113 90
Verwendungszweck: Scheunenkirche Wilmersdorf