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Käßmann mahnt zu Respekt und Verantwortung in der Corona-Krise

Die evangelische Theologin Margot Käßmann hat vor Fake-News, Verschwörungstheorien und Fundamentalismus gewarnt und zu mehr Respekt im Miteinander aufgerufen. "Die selbst ernannten Populisten lassen keinen Faktencheck mehr zu", sagte sie am Samstag in einer Feier zum Reformationstag in Bonn. "Sie hetzen gegen alle, die nicht so sind und so denken wie sie." Engstirnige Verbissenheit vergifte oft die Atmosphäre und mache Dialog unmöglich.

Das zeige sich auch im Umgang mit der Corona-Pandemie, sagte die frühere Ratsvorsitzende der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD) laut Redetext: "Wahrheit wird verhöhnt, andere Meinungen werden niedergebrüllt, Egomanie wird als Freiheit getarnt." Gegen eine solche Haltung wende sich der Freiheitsbegriff des Reformators Martin Luther (1483-1546), der Verantwortung für andere einschließe, betonte Käßmann: "Freiheit im evangelischen Sinne ist nie egomanisch im Sinne von absoluter Individualität, sondern sie hat eine soziale Komponente, weil sie sich bezogen weiß auf Gemeinschaft."

Wer wirklich frei sei, frage nach und wage es, selbst zu denken, sagte die 62-jährige Theologin in dem Festgottesdienst in der Bonner Kreuzkirche: "Selbst denken, selbst urteilen - das sind reformatorische Errungenschaften."  Dazu gehöre der Respekt vor der Freiheit, anders zu denken. Der Austausch unterschiedlicher Meinungen ohne körperliche oder verbale Gewalt sei "ein Herzstück der Freiheit". Es sei Luther mit seiner Bibelübersetzung darum gegangen, Menschen mündig werden zu lassen und ihr Gewissen zu schärfen.

Für Christen sei zuallererst die Freiheit wichtig, die Gott den Menschen schenke, erklärte die ehemalige hannoversche Landesbischöfin in ihrer Predigt. "Aber in der Konsequenz geht es immer auch um Freiheit des Gewissens, Religionsfreiheit, Meinungsfreiheit und das Wohl der anderen in der Gemeinschaft, in der wir leben." Deshalb sei auch in der Corona-Krise solidarisches Handeln gefordert: "Es geht nicht einfach um meine Freiheit, ohne Maske durch die Welt zu laufen. Sondern es geht um meine Fürsorge für die anderen, die ich dadurch gefährden könnte."

Im Umgang mit der Pandemie gelte es, "zwischen Panik und Sorglosigkeit eine Balance durch Besonnenheit zu finden", sagte Käßmann. "Es geht darum, für die Freiheit in Glaubensfragen, für Rede- und Meinungsfreiheit einzutreten, aber eben nicht nur für meine eigene."

(epd)