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Diakonie fordert Hilfe von Senat nach Gerichtsurteil

Nach der Entscheidung der Leipziger Richter von vergangener Woche zur Anwendbarkeit des Arbeitszeitgesetzes auf Erzieher, die zwei bis sieben Tage durchgehend in einer Wohngruppe wohnen, benötigten die Träger die Hilfe des Landes.

Berlin (epd). Die Berliner Diakonie sieht durch ein Urteil des Bundesverwaltungsgerichtes die weitere Existenz von betreuten Wohngruppen für Kinder und Jugendliche in Gefahr. Nach der Entscheidung der Leipziger Richter von vergangener Woche zur Anwendbarkeit des Arbeitszeitgesetzes auf Erzieher, die zwei bis sieben Tage durchgehend in einer Wohngruppe wohnen, benötigten die Träger die Hilfe des Landes, erklärte die Direktorin des Diakonischen Werkes Berlin-Brandenburg-schlesische Oberlausitz, Barbara Eschen, am Montag in Berlin. Nötig sei unbedingt eine Übergangsfrist sowie Hilfe bei der Suche nach neuen Standorten.

Als Konsequenz aus dem höchstrichterlichen Urteil müssen laut Diakonie in die bisher mit drei Erziehern besetzten Wohngruppen jeweils zwei zusätzliche Mitarbeiter eingestellt werden. Die für diese "Lebensgemeinschaften" intensive Bindungsarbeit sei durch die neuen Anforderungen aber nicht mehr möglich. Betroffen seien rund 50 dieser speziellen Wohngruppen in Berlin mit insgesamt 300 Kindern und Jugendlichen. Sie fänden dort "in familienähnlichen Strukturen ein Zuhause auf Zeit", hieß es.  

Im seit sieben Jahren dauernden Streit zwischen Sozialträger und Berliner Gewerbeaufsicht zur Anwendbarkeit des Arbeitszeitgesetzes hatte das Bundesverwaltungsgericht am 8. Mai in einer Revisionsverhandlung ein entsprechendes Urteil gefällt.  (BVerwG 8 C 3.18). Laut Gericht betreibt der Kläger als Trägerin der Kinder- und Jugendhilfe unter anderem Wohngruppen, in denen regelmäßig jeweils sechs Kinder und Jugendliche von drei Erziehern betreut werden. Einer der Erzieher wohnt den Angaben zufolge jeweils für zwei bis sieben Tage durchgehend in der Wohngruppe. Der zweite Erzieher hat tagsüber Dienst und der dritte Erzieher hat frei.

Die hierbei entstehenden bewusst langen Anwesenheitszeiten von mehreren Tagen verstießen aus Sicht des Landesamtes für Arbeitsschutz, Gesundheitsschutz und technische Sicherheit Berlin (LAGetSi) gegen die Höchstzeiten des Arbeitszeitgesetzes, teilte die Diakonie weiter mit. Aus Sicht der Diakonie profitierten diese Lebensgemeinschaften bisher von einer Ausnahmenorm des Arbeitszeitgesetzes. Sie besage, dass in Beschäftigungsverhältnissen, in denen man Freizeit und Arbeit nicht trennen kann, das Arbeitszeitgesetz nicht gilt. Das Bundesverwaltungsgericht verneinte diese Rechtsauslegung. Das vom Kläger praktizierte Modell der Wohngruppen mit Erziehern sei nicht vergleichbar mit dem Zusammenleben in einer häuslichen Gemeinschaft, wie es die Ausnahmevorschrift im Gesetz vorschreibe, teilte das Gericht mit.  

Das Land Berlin hatte den Träger aufgefordert, die Dienstpläne der Erzieher im Einklang mit den Vorgaben des Arbeitszeitgesetzes auszugestalten. Dagegen hatte der Träger zunächst Widerspruch eingelegt und später durch alle Instanzen - letztlich erfolglos - geklagt.

Internet
Pressemitteilung des Bundesverwaltungsgerichtes vom 8. Mai 2019: https://www.bverwg.de/de/pm/2019/33