12.05.2025
Das Wort des Bischofs auf rbb 88,8: Gedenken an die Bücherverbrennung vor 92 Jahren auf dem Bebelplatz in Berlin.
Regierungsbildung, Konklave, ein neuer Papst – eine sehr besondere Woche geht zu Ende, zuallererst war es und ist es eine Gedenkwoche: der 8. Mai 1945, vor 80 Jahren Tag des Kriegsendes und der Befreiung – hier in Berlin sogar ein Feiertag. Und heute der 10. Mai. Vor 92 Jahren veranstalteten die Nazis auf dem Bebelplatz vor der Deutschen Staatsoper etwas, dass ihre ganze Barbarei offenbarte: die Bücherverbrennung.
Das war keine spontane Aktion, die hier geschah. Im Gegenteil: von langer Hand hatte das Propagandaministerium gemeinsam mit den sich dafür hergebenden deutschen Studentenbünden die Bücherverbrennung geplant und vorbereitet. Am Ende konnte nicht mal starker Regen, bei dem sich Feuer nur schwerlich entzünden ließ, die Nazi-Trupps davon abhalten. Die Feuerwehr – schlimm, aber so war es – half sogar mit Ben-zinkanistern nach.
Überschrieben war das Ganze als in Anführungsstrichen „Aktion wider den undeutschen Geist“. Der Titel zeigt: Völkischer Wahn und deutsche Obsession brachen sich in Feuerflammen Bahn. Es ging um die Auslöschung des Geistes. Und zwar des Geistes der Freiheit, der Liberalität, namentlich und für alle sichtbar: des jüdischen Geistes und seiner großen Persönlichkeiten und Intellektuellen. Ihre Bücher, von Sigmund Freud bis Kurt Tucholsky und Heinrich Heine, wurden verbrannt. Dazu auch die Bücher von Erich Kästner, Thomas und Heinrich Mann, Carl Zuckmayer und vielen anderen. Von Erich Kästner wissen wir, dass er selber am Platz dabeistand, als seine Bücher ins Feuer geworfen worden. Kaum denkbar und umso unerträglicher das alles.
Wer Bücher verbrennt, verbrennt auch Menschen – dieses Diktum hat sich auf furchtbare Weise bewahrheitet. Wer Bücher verbrennt, will alles auslöschen, den Geist, die Gedanken, die Seele. Ich sage das bewusst auch als jemand, der mit dem christlichen Zeugnis für eine sogenannte Buchreligion steht, also für eine religiöse Tradition, die ihre zentrale Quelle im Buch der Bücher, der Bibel, hat. Die Bibel ist das Urzeugnis jüdischer und christlicher Existenz. Wer sie liest, weiß, dass Menschen im Lesen Welten durchschreiten und Zeiten überbrücken können, dass sie im Lesen neu geboren, ja Glaube, Hoffnung und Liebe finden können. – Auch heute meinen Terroristen und Fundamentalisten an vielen Orten dieser Welt, sie müssten und könnten Gedanken verfolgen und verbrennen, sie so aus der Welt schaffen. Das darf niemals gelingen. Wer Bücher verbrennt, wer Gedanken verbieten will, vergeht sich am Geist der Freiheit und damit an Gottes Geist. Ich wünsche Ihnen einen gesegneten Sonntag – vielleicht haben Sie Zeit für ein gutes Buch. In aller Freiheit.