Die Lindengemeinde in Berlin-Wilmersdorf hat sich wegen einer Energieberatung an das Umweltbüro gewandt. Zum einen möchte sich die Kirchengemeinde aktiv für die Bewahrung der Schöpfung einsetzen. Zum anderen waren die Energiekosten bereits über Jahre einfach viel zu hoch. Da die Kirche nur zeitweilig, zumeist sonntags und dann auch nur für eine begrenzte Zeit genutzt wird, schien es am naheliegendsten, die Beheizung der Kirche der tatsächlichen Nutzung anzupassen. Statt 144 Stunden in jeder Woche eine fossile Erdgasheizung für eine Temperierung durchlaufen zu lassen, entschied sich die Gemeinde für eine elektrische Heizung. Diese läuft nur noch zu den Nutzungszeiten, etwa zwei bis vier Stunden pro Woche. Verschiedene elektrische Heizelemente wie Sitzbankkissen, Sitzkissen, Heizteppiche, Infrarrotstrahler oder beheizbare Stellwände und Bilder erzeugen lokal kleinräumige Wärmefelder, ohne das ganze Luftvolumen der Kirche und das Gebäude selbst nennenswert zu erwärmen. Seit dieser Heizungsumstellung sind neben der Energieeinsparung von 96% jährlich auch die Energiekosten um rund 80% gesunken. Da die Gemeinde Ökostrom nutzt werden keine Abgase und keine klimaschädlichen Treibhausgase ausgestoßen. Ein bedeutsamer positiver Nebeneffekt ist, dass durch die vermiedenen Temperaturschwankungen im Gebäude auch Schwankungen der Luftfeuchtigkeit vermieden werden, wodurch die Gebäudesubstanz, die Orgel und das Holzmobiliar geschont werden und Tauwasser (Schimmel) vermieden wird.
Trotz der pandemiebedingt eingeschränkten Nutzung konnten in den knapp zwei Jahren seit Einbau der Infrarotheizung wertvolle Erfahrungen gewonnen werden.
Die Infrarotheizung bietet für den Gottesdienstbetrieb einen guten Komfort, insbesondere für die Besucher:innen. Für den Konzertbetrieb stellt sich die Situation differenzierter dar. Zeitlich beschränkte Konzertveranstaltungen mit der Orgel oder kleineren Chören sind gut möglich. Deutliche Einschränkungen treten dagegen beim Spiel von Instrumenten zu Tage. Neben der Gefahr für die Instrumente (z.B. Kondenswasserbildung in der Oboe), ist auch das Musizieren mit kalten Fingern nur sehr eingeschränkt möglich. Berufsmusiker:innen spielen nicht unter diesen Bedingungen.
Im Fall der Lindenkirche heißt das zum einen, an innovativen Heizungslösungen (z.B. Einhausung des/der Organisten:in) weiter zu forschen und zum anderen, organisatorische Nutzungsänderungen vorzunehmen. D.h. den Konzertbetrieb auf die warme Jahreszeit zu konzentrieren und sich im Winter auf kürzere Orgelkonzerte oder Laienchöre zu beschränken bzw. Konzerte in der beheizten Kirche der Nachbargemeinde zu veranstalten.
Verallgemeinert lässt sich also sagen, dass eine elektrische Heizung mit ihren unterschiedlichen Elementen für Gottesdienste und zeitlich begrenzte Veranstaltungen gut geeignet ist. Für weniger intensiv genutzte Kirchen bzw. Kirchen ohne häufigere Konzertveranstaltungen ist eine elektrische Heizung also die wirtschaftlich und ökologisch zukunftsfähigste Option. Für Konzert- und Veranstaltungskirchen ist die Infrarotheizung (noch) jedoch keine befriedigende Lösung. Eine Beheizung muss hier momentan noch weiterhin auf Basis von Umweltenergie und Biomasse erfolgen. Insbesondere im Sprengel Berlin würde es also Sinn machen, für jeden Kirchenkreis einige ausgewählte Standorte als Konzert- und Veranstaltungskirchen zu definieren und die Veranstaltungsnutzung in der Heizperiode dort zu konzentrieren. Konsequenterweise würde es sich dann anbieten, alle anderen bislang beheizten Kirchen sukzessive auf elektrische Heizungen umzustellen. Mitten im innerkirchlichen Struktur- und im Klimawandel bieten diese mit ihren verschieden kombinierbaren Elementen langfristig die Möglichkeit, Treibhausgasemissionen und Betriebskosten signifikant zu senken und uns an die laufenden Veränderungen anzupassen.
Die Lindenkirche ist also ein Vorreiter für die klimaneutrale Beheizung, gleichzeitig wird erkennbar, dass diese Lösung insbesondere bei den Konzertkirchen momentan noch zu kurz greift.
Weitere Informationen zu Sitzbankheizungen in Kirchen: https://www.ekbo.de/wir/umwelt-klimaschutz/themen-projekte/kirchenbankheizungen.html