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Die Dorfkirche des Monats steht in Ortwig

Im Februar 2020 ist eine Kirche im Märkisch Oderland zur Dorfkirche des Monats gewählt worden

Ein kompletter Wiederaufbau der Kirche in Ortwig ist nicht vorgesehen; die Ruine soll als Mahnmal und Gedenkort gegen Krieg und Gewalt erhalten bleiben. Foto: Uwe Donath
Ein kompletter Wiederaufbau der Kirche in Ortwig ist nicht vorgesehen; die Ruine soll als Mahnmal und Gedenkort gegen Krieg und Gewalt erhalten bleiben. Foto: Uwe Donath

Die letzten schweren Kämpfe des Zweiten Weltkrieges fanden im Oderbruch statt und hinterließen in den meisten Dörfern und Kleinstädten eine trostlose Trümmerlandschaft zurück. Zerstört oder schwer beschädigt wurden auch zahlreiche Kirchengebäude. In etlichen Fällen war es die deutsche Wehrmacht, die auf ihrem Rückzug die Kirchtürme sprengte um der vordringenden sowjetischen Artillerie keine Orientierungshilfe für ihre schwere Artillerie zu erhalten. Ein großer Teil dieser Kriegsschäden konnte bis zur Wende 1989/90 nicht beseitigt werden. So ist auch die Kirche in Ortwig bis heute eine Ruine, in deren Westteil sich die Gemeinde eine bescheidene Notkirche errichtete.

Vermutlich 1706 erhielt das bereits Mitte des 14. Jahrhunderts erstmals erwähnte Dorf Ortwig erstmals eine Kirche, errichtet als Fachwerkkonstruktion. Nachdem diese baufällig geworden war, wurde 1849 nach Plänen des Schinkel-Schülers Karl Wilhelm Flaminius eine neue Fachwerkkirche errichtet, in der – aus dem Vorgängerbau stammend – ein reich verzierter barocker Altar des Mohriner Bildschnitzers Bernhard Heinrich Hattenkerell erhalten geblieben war. Auch dieses Gotteshaus hatte kein langes Leben. Bereits 1911 wurde der Grundstein für ein neues Kirchengebäude gelegt; diesmal sollte es ein repräsentativer Backsteinbau sein, dessen imposanter Turm wegen Gründungsproblemen auf der Ostseite platziert wurde. Auch musste wegen des morastigen Bruchbodens für den gesamten Bau eine massive Betonplatte errichtet werden, was den Baupreis immens steigen ließ. Eingeweiht wurde die neue Ortwiger Kirche 1913. Stolz war die Gemeinde auf eine Altarbibel, die Kaiserin Auguste Viktoria gestiftet hatte.

Im Frühjahr 1945 entbrannten auch um das Dorf Ortwig heftige Kämpfe. Mehrfach wechselte die Frontlinie. Auch die Kirche war schwer beschädigt. Teile des Gebäudes wurden darüber hinaus nach Kriegsende zur Gewinnung von Baumaterial für zerstörte Wohnhäuser abgetragen. Die bereits erwähnte Notkirche wurde 1954 eingebaut. Zwei im Bauschutt wieder gefundene kleine Glocken wurden in den Fensteröffnungen der erhaltenen Südwand aufgehängt. Die Gottesdienste leitete in der Nachkriegszeit der im Ort lebende Lektor Willi Lehmann. Von Mai 1947 bis 1967 hieß die zuständige Pfarrerin (damals musste sie sich noch Pfarrvikarin nennen) Hannelore Reiffen, eine Schülerin von Karl Barth und befreundet mit Martin Niemöller und Helmut Gollwitzer.

Erst 1990/91 wurde mit der Beräumung noch verschütteter Gebäudeteile begonnen. Dabei wurden der im wesentlichen unbeschädigte Sandstein-Altar und Teile des gefliesten Kirchenbodens freigelegt. Zugleich wurde begonnen, Teile der Ruine zu sichern und zu sanieren. Im Sommer finden seitdem in der Kirchenruine Konzerte und Gottesdienste unter freiem Himmel statt.

Nun hat die Gemeinde beschlossen, mit der Instandsetzung fortzufahren. Als erstes ist in zwei Bauabschnitten eine Sanierung des Gemeinderaumes vorgesehen, in dem noch immer regelmäßig Gottesdienste, aber auch kulturelle Veranstaltungen stattfinden. Später sollen auch die Ruine endgültig gesichert und das Umfeld neu gestaltet werden. Ein kompletter Wiederaufbau ist nicht vorgesehen; die Ruine soll als Mahnmalund Gedenkort gegen Krieg und Gewalt erhalten bleiben. Zahlreiche Einwohner engagieren sich für die Instandsetzungen und werden verschiedene Arbeiten in Eigenleistung durchführen. Trotzdem sind enorme Geldmittel erforderlich, die von der Kirchengemeinde selbst nicht getragen werden können. Der Vorstand des Förderkreises hat in seiner Dezember-Sitzung beschlossen, sich an der Finanzierung des ersten Bauabschnittes, der noch in diesem Jahr beginnen wird, zu beteiligen. In den vergangenen dreißig Jahren konnten viele der 1945 zerstörten oder beschädigten Kirchen gesichert und zum Teil wieder aufgebaut werden. Jüngstes Beispiel ist die Kirche in Dolgelin, wo erst kürzlich nach Aufsetzen eines neuen Daches die Einweihung gefeiert werden konnte. Wünschen wir den Ortwigern nun also ebenfalls viel Erfolg bei ihrem ambitionierten Vorhaben!

Weitere Informationen:
Pfarrer Frank Schneider; Bahnhofstr. 33; 15324 Letschin; Tel.: 033475-330; Mobil: 0172-8797940
pfarramt-letschin(at)freenet.de