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Die Dorfkirche des Monats steht in Dolgelin

Die Kirche in Dolgelin vor und nach der Restaurierung. Foto: Wikimedia / Förderverein Alte Kirchen

Als Theodor Fontane im Mai 1860 eine seiner Erkundungsfahrten für die "Wanderungen durch die Mark Brandenburg" auf die Seelower Höhen unternahm, beeindruckte ihn "der ferne, halb ersterbende Klang von dreißig Kirchtürmen … als läute der Himmel selber die Pfingsten des nächsten Morgens ein". Nicht einmal ein Jahrhundert später war von all dieser Idylle wenig geblieben. In der letzten Schlacht des Zweiten Weltkrieges wurden zahlreiche Kirchen zerstört und Türme gesprengt; Ausstattungen verbrannten. Auch die Kirche in Dolgelin, nur wenige Kilometer südlich von Seelow am Westrand des Oderbruches gelegen, wurde zur Ruine. Seit wenigen Wochen besitzt der stattliche Feldsteinbau wieder ein Dach. Doch bis dahin war es ein langer Weg…

Erstmals urkundlich erwähnt wird Dolgelin im Jahr 1321 im Zusammenhang mit der Komturei des des Johanniterordens im nahe gelegenen Lietzen, der dort die Nachfolge des aufgehobenen Templerordens angetreten hatte. Im Besitz der Johanniter blieb der Ort dann auch über 500 Jahre hinweg. Im der Kirche benachbarten Pfarrhaus übernachtete mehrmals Friedrich der Große während seiner Inspektionsreisen durch das Oderbruch.

Das Kirchengebäude entstand wohl bereits zu Ende des 13. Jahrhunderts als einschiffiger langgezogener Granitquaderbau mit rechteckigem Langhaus und geschlossenem Chor. 1870 wurde an Stelle eines baufällig gewordenen und teilweise eingestürzten Vorgängers ein mächtiger neugotischer Backsteinturm vorgesetzt, der unter anderem eine wertvolle Bronzeglocke von 1500 mit dem Wappen der Familie von Schlieben enthielt.

Während der Kämpfe im Frühjahr 1945 wurde auch die Dolgeliner Kirche beschädigt. Im Gegensatz zu vielen anderen Dörfern der Umgebung jedoch blieben sowohl der Turm und auch die Dachdeckung erhalten. Bis 1946 fanden in dem notgesicherten Kirchenschiff sogar noch Gottesdienste statt. Erst dann gab der damalige Ortsbürgermeister das Kirchengebäude zur „Gewinnung von Baumaterialien“ frei. Als die Aktion, die auf lokaler Ebene auch in Orten ähnlich ablief, staatlicherseits gestoppt wurde, war es zu spät: Die Dacheindeckung war abgetragen, was schließlich zum Einsturz des Dachstuhles führte. Der Kirchturm wurde am 25. März 1965 gesprengt, erst mehr als zwanzig Jahre später beseitigte man den entstandenen Schuttberg. Seitdem feierte die kleine Gemeinde ihre Gottesdienste in einem Raum des ehemaligen Pfarrhauses.

Die jetzt erfolgten Sanierungsarbeiten gehen, so berichtet Pfarrer Martin Müller, auf eine „Biertischidee“ zurück. Mitglieder des Dolgeliner Männergesangsvereins, die auch der Kirchengemeinde verbunden waren, wollten sich nicht damit abfinden, für alle Zeiten eine Ruine in der Mitte des Dorfes zu behalten. Bereits im Jahr 2002 wurde ein Förderverein gegründet, der die Planungen für den Wiederaufbau vorantrieb. Erste Konzepte fanden damals keine Akzeptanz bei den Dienststellen der Denkmalpflege. Doch man gab nicht auf. Im vergangenen Jahr 2018 konnte mit der Errichtung eines neuen Kirchendaches begonnen werden. Für die nicht unerheblichen Kosten gab es keine öffentliche Förderung. In der Kostenaufstellung finden sich die Ausgleichzahlung einer Windenergiefirma, zahlreiche namhafte Spenden der Bevölkerung und Mittel des Kirchenkreises. Die Gemeinde selbst beteiligte sich immerhin mit einem Eigenanteil in Höhe von 50.000 Euro. Ein riesiger Glücksfall war es, dass ein örtlicher Bauunternehmer aus Lokalpatriotismus einen absoluten „Freundschaftspreis“ anbot.

Als vor dem Richtfest im Juni 2018 der auf dem Kirchhof vormontierte Dachstuhl aufgesetzt wurde, stellte man erschrocken fest, dass es einen Fehler bei der Berechnung gegeben hatte. Ausgerechnet der Überstand an der Westwand der Kirche, an der nach der Sprengung des Turmes wertvolle Putzblenden mit mittelalterlichen Ritzzeichnungen zum Vorschein gekommen waren, nicht ausreichte. Auch diese Schwierigkeit jedoch konnte überwunden werden. Am 25. Mai fand die feierliche Einweihung mit einem Andacht und einem großen Fest statt.

Mit der Denkmalpflege haben sich Förderverein und Kirchengemeinde auf die Sprachregelung einer „Ruine unter Dach“ geeinigt. Doch insgeheim wollen die Dolgeliner weitermachen. Spender, die zum Beispiel ein Kirchenfenster finanzieren wollen, stehen bereits in den Startlöchern…

Weitere Informationen: Evang. Pfarramt Mallnow; Pfarrer Martin Müller; Dorfstr. 23; 15326 Mallnow; Tel.: 033602-437; pfarramt(at)mallnow.eu