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Wiedereröffnung des Hugenottenmuseums im Französischen Dom

Die Hugenotten gehören zu den Berlinern mit der ältesten Fluchtgeschichte. Ein Museum auf dem Gendarmenmarkt informiert über ihre Geschichte

Carl Wendling: Mais c´est un réfugié! Copyright Bild: Französische Kirche zu Berlin. Foto: Sven Fiebig
Carl Wendling: Mais c´est un réfugié! Copyright Bild: Französische Kirche zu Berlin. Foto: Sven Fiebig

Nach vierjährigen Umbauarbeiten im Französischen Dom wird das Hugenottenmuseum in Berlin mit einer neuen Dauerausstellung wiedereröffnet. Anhand authentischer Ausstellungsstücke und mit mehreren Medienstationen gibt sie einen Überblick über die Geschichte der ab dem späten 17. Jahrhundert nach Berlin eingewanderten französischen Glaubensflüchtlinge. Im Mittelpunkt stehe Migration und Leben der Hugenotten bis heute, sagte Pfarrer Jürgen Kaiser von der französisch-reformierten Gemeinde am Donnerstag bei der Präsentation.

Gezeigt werden rund 150 Ausstellungsstücke auf 400 Quadratmetern. Der Festakt zur Eröffnung ist bereits am Freitag, unter anderem mit der französischen Botschafterin Anne-Marie Descôtes.

Die Gemeinde, die sich selbst „Französische Kirche“ nennt, ist Teil der Evangelischen Kirche Berlin-Brandenburg-schlesische Oberlausitz. Aktuell hat sie rund 650 Mitglieder, davon 120 französischsprachige. Gottesdienste gibt es in deutscher und französischer Sprache.

Die 1705 fertiggestellte Französische Friedrichstadtkirche auf dem Gendarmenmarkt war das erste eigene Kirchengebäude der Gemeinde in Berlin. 1785 ließ Friedrich II. daneben den Französischen Dom errichten und stellte ihn der Gemeinde zur freien Nutzung zur Verfügung. Das ist bis heute weitgehend der Fall.

Insgesamt kostete die neue Dauerausstellung in den sanierten Räumen des Französischen Doms 540.000 Euro. Davon kamen 390.000 Euro von der Lottostiftung, 100.000 Euro von der Gemeinde sowie 50.000 Euro Spenden. Neu ist unter anderem der Einbau eines Zwischengeschosses für Kabinettausstellungen. Den Anfang macht dort eine Ausstellung über den berühmten Kupferstecher und Grafiker Daniel Chodowiecki (1726-1801). Im Rahmen der Sanierung sei auch der unterirdische Verbindungsgang zur Französischen Friedrichsstadtkirche wieder geöffnet worden, hieß es weiter.

Das Hugenottenmuseum repräsentiere an einem historisch bedeutenden Ort einen wichtigen Teil der Berliner Stadt- und Kulturgeschichte, sagte Kaiser. Der Französische Dom ist seit 1935 Sitz des Hugenottenmuseums. Die vorherige Ausstellung war von 1987 bis 2017 unverändert zu sehen.

Museumsleiter Guilhem Zumbaum-Tomasi nannte die Geschichte der Hugenotten „ein Erfolgsmodell gelungener Integration“. Gezeigt werden Dokumente, Gemälde und Gegenstände, die immer wieder auch auf die Fluchtgeschichte hinweisen. So zeigt die Ausstellung etwa eine „Haarknotenbibel“ im Kleinstformat, die in den Haaren versteckt wurde, und einen „Reiseabendmahlkasten“. Eine Galeerenkugel verweist auf das Auswanderungsverbot und die drohenden Strafen. Weitere Themen sind etwa der Einfluss der Hugenotten auf die Wirtschaft, die Wissenschaften und die Kunst in ihrer neuen Heimat, etwa beim Aufbau der Seidenproduktion.

Als 1685 der „Sonnenkönig“ Ludwig XIV. den Protestantismus in Frankreich verbot, wurden die Protestanten zu Glaubensflüchtlingen. Trotz Verbots flohen bis zu 200.000 Hugenotten. 15.000 bis 20.000 kamen ins Kurfürstentum Brandenburg, ermöglicht durch das berühmte „Edikt von Potsdam“ vom 29. Oktober 1685. Das Datum ist bis heute ein Feiertag im Kalender der französisch-reformierten Gemeinde.

(epd)

Mehr Informationen zur Ausstellung und zum Besuch finden Sie hier 

Hugenotten und Französische Kirche in Berlin:

Hugenotten ist die seit 1560 gebräuchliche Bezeichnung für die französischen Protestanten. Ihr Glaube ist stark von der Lehre Johannes Calvins (1509-1564) beeinflusst. In Frankreich werden die Hugenotten im 15. und 16. Jahrhundert verfolgt. Vor allem unter Ludwig XIV. gibt es eine Fluchtwelle in die umliegenden protestantischen Länder.

Die Französische Kirche zu Berlin, auch als Hugenottenkirche bekannt, gibt es nach eigenen Angaben seit 1672. Laut Konsistorium der Französischen Kirche hatten sich etwa 150 französische Protestanten, die vor den Verfolgungen in Frankreich nach Berlin geflohen waren, mit kurfürstlicher Genehmigung zu einer Gemeinde zusammengeschlossen.

Als 1685 mit dem Edikt von Fontainebleau der Protestantismus in Frankreich endgültig verboten wird, reagiert der Große Kurfürst Friedrich Wilhelm am 29. Oktober des selben Jahres darauf mit dem Edikt von Potsdam. Es sichert den französischen Protestanten die Aufnahme in Brandenburg zu. Etwa 20.000 Menschen folgen dieser Einladung, ein Drittel davon kommt nach Berlin, heißt es auf der Homepage der Gemeinde weiter. Bis heute ist der 29. Oktober ein Festtag in der Gemeinde.

Die wachsende Gemeinde errichtet bald auch soziale Einrichtungen, vom Altersheim über die Suppenküche bis zum Waisenhaus und versammelt sich an verschiedenen Orten zum Gottesdienst. Von 1701 bis 1705 errichtet sie ihr erstes eigenes Kirchengebäude auf dem Gendarmenmarkt, die Französische Friedrichstadtkirche. 1785 lässt Friedrich II. daneben - „zur Verschönerung des Stadtbildes“, wie es auf der Homepage heißt - den Französischen Dom errichten und stellt ihn der Gemeinde laut Konsistorium zur freien Nutzung zur Verfügung.

Anfang des 18. Jahrhunderts bildet die Gemeinde nach eigenen Angaben mit rund 6.000 Mitgliedern einen nicht unbeträchtlichen Teil der Berliner Bevölkerung. Bis 1860 wird ausschließlich französisch gepredigt. Nach der Wiedervereinigung kommt 1994 durch den Abzug der französischen protestantischen Militärseelsorge ein französischsprachiger Gemeindeteil hinzu, die „Communauté protestante francophone de Berlin“. Heute ist die Französische Kirche nach eigenen Angaben die größte Gemeinde im Reformierten Kirchenkreis Berlin-Brandenburg.

Die Mitgliedschaft in der Französischen Kirche ist dabei nicht vom Wohnsitz abhängig. Jeder getaufte Christ kann Mitglied werden. Innerhalb der Evangelischen Kirche Berlin-Brandenburg-schlesische Oberlausitz hat die Gemeinde eine eigene Verfassung. So werden etwa die Pfarrer und Pfarrerinnen direkt von den Gemeindemitgliedern gewählt. Zu den aktuell 650 Mitgliedern gehören etwa 120 französischsprachige Christen und Christinnen.

Mehr Infos: www.franzoesische-kirche.de