Zur Hauptnavigation springen Zur Suche springen Zum Inhalt springen
InstagramRSSPrint

Kirchturmglocke aus der NS-Zeit in Berlin-Rudow abgenommen

Erinnerung und Mahnung: Die Glocke geht als Schenkung an das Museum Neukölln

Die Philipp-Melanchthon-Kapelle. Copyright: Kirchenkreis Neukölln
Die Philipp-Melanchthon-Kapelle. Copyright: Kirchenkreis Neukölln

Nach 86 Jahren wurde in der Philipp-Melanchthon-Kapelle in Berlin-Rudow eine Kirchturmglocke abgenommen, die mit nationalsozialistischen Symbolen versehen ist. Ihre Überführung zum Museum Neukölln findet am Freitag, dem 4. Juni 2021, statt. Die Glocke kann dort zukünftig im Geschichtsspeicher nach Voranmeldung unter pädagogischer Begleitung besichtigt werden.

„Gegenstände wie diese Glocke erzählen von der entsetzlichen Verstrickung der Kirche in das Unrecht des Naziregimes“, sagt Christian Stäblein, Bischof der EKBO. „Über den Dreischritt – erinnern, lernen, handeln – will die kirchliche Erinnerungskultur Orientierung geben. Die Glocke wird zu einem Lernort und mahnt heutige Betrachterinnen und Betrachter, Nationalismus und autoritären Bewegungen zu widerstehen.“

Marion Gardei, Beauftragte der EKBO für jüdisches Leben und für den Kampf gegen Antisemitismus und Beauftragte für Erinnerungskultur, sagt: „Ich bin froh, dass die Rudower Glocke mit Nazisymbolen endlich abgenommen ist und heute in das Museum Neukölln überführt wird. Der Aufarbeitungsprozess, dem sich die Dreieinigkeitsgemeinde stellen musste, war lang und schwierig, aber alle Beteiligten sind diesen Weg gemeinsam gegangen. Ich sehe diesen Prozess als einen gelungenen Akt evangelischer Erinnerungsarbeit.“ Im Auftrag der Gemeinde erscheint eine Dokumentation über die historischen Hintergründe.

Rückblick: Kurz vor dem ersten Advent 2017 erfuhr der Gemeindepfarrer der Evangelischen Dreieinigkeitskirchengemeinde von der nationalsozialistischen Symbolik auf einer der zwei Kirchturmglocken in der Philipp-Melanchthon-Kapelle. Der Gemeindekirchenrat setzte daraufhin einen Ausschuss zur Aufarbeitung der Geschichte der Glocke ein. Die Erforschung ihrer Geschichte sowie die der Gemeinde legte dieser in die Hände der Kunsthistorikerin Beate Rossié.

Die Philipp-Melanchthon-Kapelle wurde aufgrund des Gemeindewachstums in Rudow gebaut und 1935 eingeweiht. Der Turm wurde mit zwei Glocken ausgestattet. Die belastete Glocke zeigt unter einem Schriftzug einen Reichsadler, der einen Kranz mit Hakenkreuz in den Krallen hält. Da sie die kleinste Glocke der Gemeinde Rudow war, durfte sie hängen bleiben und überstand so den Zweiten Weltkrieg. Die zweite Glocke der Kapelle wurde hingegen zu Kriegszwecken abgenommen und erst 1960 ersetzt.

Die Abnahme und Überführung der Glocke ins Museum wird am 4. Juni 2021 ab 19 Uhr im Livestream gezeigt. Außerdem werden die Forschungsergebnisse über die Glocke präsentiert. Teilnehmen werden Museumsdirektor Udo Gößwald, Bischof Christian Stäblein, die Kunsthistorikerin Beate Rossié vom Berliner Forum für Geschichte sowie Pfarrerin Marion Gardei.

Zum Livestream geht es am 4. Juni um 19 Uhr hier

Einen Artikel zum Thema von Marion Gardei in der Wochenzeitung "die kirche" finden Sie hier