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Juli: Die Kirche des Monats steht in Lieberose

Die Stadtkirche und die Wendenkirche in Liebrose. Fotos: Förderverein Alte Kirchen e.V.
Die Stadtkirche und die Wendenkirche in Liebrose. Fotos: Förderverein Alte Kirchen e.V.

Im Zentrum des Landstädtchens Lieberose (Landkreis Dahme-Spreewald) – auf dem langgezogenen Markt- bzw. Kirchplatz – stehen zwei Kirchengebäude direkt nebeneinander. Der neugotische, frisch verputzte und farblich schön in Ocker und dunklem Rot gestaltete Saalbau mit dem seltsam schlanken Dachturm ist die evangelische „Landkirche“. An Stelle eines Vorgängerbaus wurde sie 1826 als Gotteshaus für die wendische Bevölkerung der umliegenden Dörfer errichtet. Größer und eindrucksvoller ist das danebenliegende Kirchengebäude, ein repräsentativer mittelalterlicher Backsteinbau – allerdings eine Ruine ohne Dach. Lediglich der mächtige quadratische Westturm zeugt noch von der Bedeutung der ehemaligen Stadtkirche.

Im Jahr 1519 erwarb das ursprünglich aus der Altmark stammende, später im norddeutschen Raum weit verbreitete, Geschlecht der Herren von Schulenburg die Herrschaft Lieberose in der Niederlausitz, die damals noch zu Böhmen gehörte. Graf Joachim II. von der Schulenburg, auch Joachim der Reiche genannt, ließ ab 1550 sowohl das vorhandene, ursprünglich als Wasserburg angelegte, Schloss als auch die Stadtkirche grundlegend umbauen, wofür er den italienischen Baumeister Thadäus Paglion verpflichtete. Durch den Einbau ausgedehnter Grüfte im Chorbereich und die Errichtung eines prächtigen Sandsteinepitaphs für den 1594 verstorbenen Joachim II. im Kirchenraum entstand zugleich ein Grab- und Memorialbau, der in Brandenburg seinesgleichen sucht.

Im April 1945 zerstörte eine russische Fliegerbombe die Kirche. Erst in der Mitte der 90er Jahre des 20. Jahrhunderts wurde die Ruine beräumt und gesichert, nachdem ein bereits in den 1970er Jahren geplanter Abriss verhindert werden konnte. Erhalten blieben neben dem nur wenig beschädigten Kirchturm, der bereits um 1400 entstand, nahezu vollständig die Außenmauern des Kirchenschiffes sowie die südliche innere Arkadenreihe. In den Grüften befinden sich noch dreizehn Särge von Mitgliedern der Familie von der Schulenburg aus dem 17. und 18. Jahrhundert.  Gerettet werden konnten wie durch ein Wunder wesentliche Teile der prachtvollen Ausstattung; sie wurden in die benachbarte wendische bzw. Landkirche verbracht. So wurde das  bereits erwähnte Epitaph für Joachim II., eine hervorragende Arbeit der sächsischen Bildhauerkunst der Renaissance, zum Altar umgestaltet. Als Altamensa dient der steinerne Schausarkophag.

Bereits im Zuge der Sicherung der Ruine plädierte der damalige Pfarrer Tilmann Kuhn dafür, die Ruine nicht nur zu erhalten, sondern sie „in der Art eines Forums nutzbar zu machen, das allen öffentlichen Belangen einen Platz gewähren kann“. Bereits damals wurden fünf Aspekte zur Nutzung des Gebäudes hervorgehoben: die Stadtkirche als Ort der Begegnung (Forum), der Geschichte (Ruine), der Erholung (Kulturstätte), der Inspiration (Arbeitsstätte) und des Glaubensvollzugs (Begräbnisstätte). Diese ehrgeizigen Pläne wurden nun von der Kirchengemeinde und engagierten Bürgern wieder aufgenommen. Ideen gibt es bereits reichlich: So könnten Ausstellungen an die Geschichte der Familie von der Schulenburg und speziell an die Durchführung der Reformation in der Herrschaft Lieberose erinnern. Immerhin führten die Patronatsherren den evangelischen Glauben in einem Gebiet ein, das zum katholischen Königreich Böhmen gehörte! Als Teil einer Museumskonzeption könnten die vorhandenen Grüfte begehbar gemacht werden. Im Herbst dieses Jahres wird voraussichtlich die derzeit vakante Pfarrstelle wieder besetzt; dann kann mit der Erarbeitung eines konkreten Nutzungskonzeptes begonnen werden.

Weitere dringend notwendige Sicherungsarbeiten können jetzt durch Finanzmittel des Kirchenkreises und der Kirchengemeinde in Angriff genommen werden. Der Förderkreis Alte Kirchen wird sich beteiligen und das Projekt auch längerfristig begleiten.

Weitere Informationen:
Dr. Andreas Weigelt; Tel.: 033671-280032; info(at)die-lager-jamlitz.de