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Gedenken an NS-Euthanasiemorde vor 80 Jahren

Zehntausende Menschen wurden Opfer der NS-Euthanasie-Verbrechen. Ein Schwerpunkt war die Tötungsanstalt in Brandenburg an der Havel. Dort wurde am Jahrestag des Beginns des Zweiten Weltkriegs an die Opfer des sogenannten "Gnadentoderlasses" erinnert.

An die Opfer der NS-Euthanasiemorde ist in Brandenburg an der Havel mit einer Gedenkveranstaltung erinnert worden. Oberbürgermeister Steffen Scheller (CDU) mahnte bei dem Gedenken am Dienstag nach Angaben der Stadtverwaltung, aus der Vergangenheit zu lernen und aktuelle Entwicklungen ernst zu nehmen.

Die "tumultartigen Szenen, rechtsextremen Pöbeleien und Reichsflaggen vor dem Deutschen Bundestag" am vergangenen Samstag bei Demonstrationen gegen die Anti-Corona-Maßnahmen seien verstörend, betonte Scheller: "Was da unter dem Deckmantel des Grundrechts auf Demonstrations- und Meinungsfreiheit passiert ist, hat Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier völlig zu Recht als einen 'unerträglichen Angriff auf das Herz unserer Demokratie' bezeichnet."

Aus der Erinnerung Verpflichtungen für die Zukunft abzuleiten, habe vor allem mit der Erkenntnis zu tun, "dass sich genau wie damals auch in unserer Zeit durch Wegsehen, Ignorieren oder Kleinreden gefährliche Prozesse entwickeln können", betonte Scheller am 81. Jahrestag des sogenannten NS-"Gnadentoderlasses". Deshalb sei auch bei Gedenkveranstaltungen wie am Dienstag nicht nur der Blick in die Vergangenheit wichtig. Es müsse stets auch der Bezug zur Gegenwart und zu aktuellen Entwicklungen hergestellt werden.

Bei der Gedenkveranstaltung wurden an der Euthanasie-Gedenkstätte am Nicolaiplatz von Brandenburg an der Havel auch zahlreiche Kränze niedergelegt. Im Anschluss wurde eine Ausstellung des Fotografen Arnd Weider eröffnet, in der sich der Künstler mit baulichen Überresten von Stätten der Euthanasie-Verbrechen auseinandersetzt.

Die NS-Euthanasie-Verbrechen jährten sich in diesem Jahr tatsächlich zum 80. Mal, hieß es bei der Stiftung Brandenburgische Gedenkstätten. Mit einem auf den 1. September 1939, den Tag des deutschen Angriffs auf Polen, zurückdatierten Schreiben habe Hitler damals die Ermordung von mehr als 70.000 Menschen mit psychischer Erkrankung oder Behinderung veranlasst.

Diese unter dem Kürzel "T4" bekanntgewordene Aktion fand zwischen Januar 1940 und August 1941 in sechs verschiedenen Gasmordanstalten statt. Allein in Brandenburg an der Havel wurden den Angaben zufolge zwischen Februar und Oktober 1940 mehr als 9.000 Menschen in einer Gaskammer ermordet. T4-Tötungsanstalten gab es auch in Grafeneck in Baden-Württemberg, Hartheim in Österreich, Pirna-Sonnenstein in Sachsen, Bernburg in Sachsen-Anhalt und Hadamar in Hessen.

Mit der Datierung von Hitlers Schreiben auf den Kriegsbeginn sei deutlich gemacht worden, dass nun nicht nur Krieg gegen einen äußeren, sondern auch Krieg gegen einen "inneren Feind" geführt werden sollte, heißt es dazu auf einer Informationsseite des Berliner Paritätischen Wohlfahrtsverbandes: "Gegen Kranke und Menschen mit Behinderungen."

Der rassepolitische und kriegswirtschaftliche Aspekt des Mordbefehls sei durch den Begriff des "Gnadentodes" verschleiert worden, betont der Verband. Tatsächlich sei es um die Ermordung von angeblich "rassisch Minderwertigen" und als "Ballastexistenzen" diffamierten Menschen gegangen.

(epd)