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Evangelischer Religionsunterricht soll weltoffener werden

Kooperationen mit Islam, Judentum und Konfessionslosen geplant

7. November 2014. Berlin (epd). Künftig soll an den Schulen in Deutschland der evangelische Religionsunterricht stärker auf andere Religionen und nichtkonfessionelle Weltanschauungen zugehen. Das geht aus der neuen Denkschrift "Religiöse Orientierung gewinnen" hervor, die am Donnerstag vom scheidenden Ratsvorsitzenden der Evangelischen Kirche Deutschlands (EKD), Nikolaus Schneider, in Berlin vorgestellt wurde. Der EKD-Ratsvorsitzende betonte, dass auch Kooperationen mit der katholischen Kirche beim Religionsunterricht vertieft werden müssten. Bislang gibt es entsprechende Vereinbarungen nur in Niedersachsen und Baden-Württemberg. Derartige Kooperationen sollten künftig bundesweit ausgeweitet werden.

 

Die letzte Denkschrift zum Religionsunterricht hatte die EKD vor 20 Jahren nach der deutschen Wiedervereinigung herausgegeben. Damals sei es um die Herausforderung gegangen, den in den westdeutschen Bundesländern etablierten Religionsunterricht in den ostdeutschen Bundesländern zur Einführung zu empfehlen. Ziel der neuen Denkschrift sei nun, Impulse für eine künftige "religionssensible" und "pluralitätsfähige" Schule zu geben.

 

"Wir leben heute in einer pluralisierten Welt", betonte der EKD-Ratsvorsitzende Schneider. Wie in der Gesellschaft seien an den Schulen verschiedene Glaubenshintergründe bei den Schülern Realität. Der Religionsunterricht müsse zu einem friedlichen Lernen miteinander und einem souveränen Umgang mit einer pluralisierten Gesellschaft befähigen. "Kinder und Jugendliche haben ein Recht auf religiöse Bildung" sagte Schneider. Denn nur "wer in der eigenen Identität verwurzelt ist, kann das Fremde besser wahrnehmen".

 

Für Frieden und Toleranz sei eine wechselseitige Anerkennung wichtig, sagte Professorin Annette Scheunpflug von der Universität Bamberg. Sie ist Vizevorsitzende der Kammer der EKD für Erziehung, Bildung, Kinder und Jugend. Religionsunterricht sei der Ort, wo die Herausforderungen der religiösen Pluralität vor Augen geführt und die eigenen Positionen dialogisch reflektiert werden sollten.

 

Friedrich Schweitzer, Professor für praktische Theologie an der Universität Tübingen und Vorsitzender der EKD-Kammer für Erziehung, Bildung, Kinder und Jugend, erklärte, interreligiöse Bildung sollte "nicht nur gelegentlich" staffinden, sondern "Kernaufgabe" des evangelischen Religionsunterrichts sein. So seien in den Schulen mehr Kooperationen des Christentums mit dem Islam und dem Judentum nötig. Dies sei auch ein Beitrag, fundamentalistischen Orientierungen entgegen zu wirken.

 

Mehr Kooperationen sollte es zudem zwischen Religions- und Ethikunterricht geben. Schweitzer betonte, "nicht alle konfessionslosen Menschen sind alle Atheisten". Der Religionsunterricht sollte Kinder und Jugendliche in die Lage versetzen, sich kompetent mit der Vielheit der Anschauungen auseinanderzusetzen. Ebenso gehöre eine Auseinandersetzung mit zeitkritischen Ereignissen wie etwa den Terroranschlag auf das Word-Trade-Center vom 11. September 2001 oder die aktuelle Lage in Syrien in den evangelischen Religionsunterricht.

 

Schweitzer erklärte, dass es auch wünschenswert wäre, wenn in den Schulen mit einem größeren Anteil zum Beispiel von muslimischen oder konfessionslosen Kindern etwa über Weihnachten, Ramadan oder andere religiöse Feiertage diskutiert werde. "Man kann nicht alle Feste gemeinsam feiern. Aber man kann sie darstellen und verständlich machen", sagte Schweitzer.

 

Grundsätzlich wird in der Denkschrift ein wachsendes Interesse am evangelischen Religionsunterricht registriert. Trotz der sinkenden Zahl evangelischer Schüler sei die Teilnehmerzahl am evangelischen Religionsunterricht in den vergangenen Jahren insgesamt deutlich gestiegen.