Zur Hauptnavigation springen Zur Suche springen Zum Inhalt springen
InstagramRSSPrint

Dorfkirche im Januar: Wilmersdorf

Die Dorfkirche des Monats Januar 2019 steht in Wilmersdorf in der Uckermark.

Fotos: Förderverein Alte Kirchen / Wikimedia
Fotos: Förderverein Alte Kirchen / Wikimedia

Erstmalig urkundlich erwähnt wird der Ort Wilmersdorf – knapp 15 Kilometer nördlich von Angermünde und seit einigen Jahren zu dieser Stadt auch eingemeindet – in einer Urkunde des Jahres 1321. Als 1393/94 in Stettin ein „Ketzerprozess“ gegen in der Uckermark wirkende Waldenser geführt wird, sind unter den Verurteilten auch Bürger aus Wilmersdorf.

Ein Kirchengebäude ist in dem Straßendorf auf den ersten Blick schwer ausfindig zu machen; und so mancher suchte schon vergeblich. Man muss schon etwas genauer hinsehen, um – von Angermünde kommend auf der linken Straßenseite, gegenüber dem „Gartenlokal Rexin“ – eine grob gezimmerte Holzkonstruktion zu entdecken, die von einem Kreuz bekrönt ist. Das dahinter gelegene Fachwerkgebäude ist, eingewachsen zwischen Bäumen, noch immer nicht als Gotteshaus erkennbar.

Dass es in Wilmersdorf ein mittelalterliches Kirchengebäude gegeben haben muss, darauf weist ein Eintrag im Landbuch Kaiser Karls IV. aus dem Jahr 1375 hin, in dem vier Pfarrhufen erwähnt sind, die auf das Vorhandensein eines Predigers in dem Dorf hinweisen. Zudem sind auf dem heutigen Friedhof noch alte Feldsteinfundamente zu entdecken. Der Überlieferung nach soll die Wilmersdorfer Kirche im Jahr 1469 zerstört worden sein, als pommersche Truppen einen Raubzug ins Brandenburgische unternahmen. Um 1600 wird Wilmersdorf vom Pfarrer im nahen Steinhöfel betreut; ausdrücklich wird erwähnt, dass der Ort über kein Kirchengebäude verfügt. Gottesdienste fanden im Küster- und Schulhaus statt, auf Anweisung des Patrons Alexander von Buch wurde 1882 im Gärtnerhaus ein Gottesdienstraum eingerichtet.

Erst in den dreißiger Jahren des vorigen Jahrhunderts wurde über einen Kirchenneubau nachgedacht. Der damalige Gutsherr, ebenfalls ein Alexander von Buch beantragte eine Baugenehmigung, die jedoch von den Behörden abgelehnt wurde. Daraufhin ließ er die alte Försterscheune – ebenjenen oben erwähnten Fachwerkbau – zur Kirche ausbauen. Verändert wurde lediglich der Innenraum; das bescheidene Außenbild blieb erhalten. Die Ausmalung im Stile einfacher Bauernmalerei übernahm der Kirchenmaler Erich Kistenmacher aus Berlin, über dessen Leben und weiteres Wirken leider sehr wenig bekannt ist. Kistenmacher versah die gerade Holzdecke des Kirchenraumes mit floralen Ornamenten, zwischen denen Bibel- und Liedverse angeordnet sind. So findet sich zum Beispiel über dem Taufbecken der Vers „Lasset die Kindlein zu mir kommen“ (Matth. 19,14), an anderer Stelle ist zu lesen „Gott ist die Liebe“. Nahe vom Eingang erinnert eine Inschrift an die Entstehungszeit: „Zur Dorfkirche ausgebaut 1936 im Olympiajahr.“

Die Wilmersdorfer „Scheunenkirche“ stellt in ihrer Region ein einzigartiges Kulturdenkmal dar, zeugt es doch auch vom passiven Widerstand gegen das Kirchbauverbot in der Zeit des Nationalsozialismus. Zudem diente es einer aktiven Kirchengemeinde über Jahrzehnte als gut genutztes Gotteshaus.

Im Jahr 2000 wurde eine Sanierung der Südfassade nötig. Spätere Untersuchungen ergaben jedoch am gesamten Gebäude massive Bauschäden: Balkenköpfe und etliche Ständer in der Fachwerkkonstruktion sind stark vom Echten Hausschwamm befallen. Zudem ist wegen eindringender Feuchtigkeit eine Reparatur des Kirchendaches vonnöten. Im vergangenen Jahr bestand Hoffnung auf notwendige Instandsetzungsarbeiten: Mittel aus einem europäischen Förderprogramm für die Entwicklung des ländlichen Raumes waren bereits bewilligt worden. Nur konnten diese nicht abgerufen werden, da der notwendige Eigenanteil von der Gemeinde nicht aufzubringen war. Eine zeitgleich notwendig gewordene Reparatur des Kirchturms im benachbarten Greiffenberg besaß Priorität.

Die Enttäuschung über diese Entscheidung in Wilmersdorf war groß. Als Reaktion formierte sich im November 2018 ein Förderverein, der sich für die Zukunft der Wilmersdorfer „Scheunenkirche“ einsetzen und langfristig ihre Instandsetzung  erreichen will. Nach einer Zeit der Stagnation finden wieder regelmäßig Gottesdienste statt. Für das neue Jahr sind weitere Veranstaltungen geplant. Der Förderkreis Alte Kirchen, der an Gründung des Vereins beteiligt war, wünscht bei der schwierigen Aufgabe der Rettung der Wilmersdorfer Kirche viel Erfolg.

Weitere Informationen:
Förderverein Scheunenkirche Wilmersdorf; Günter Simon; Straße zum Bahnhof 4; 16278 Wilmersdorf bei Angermünde; Mail: g.simon(at)scheunenkirche.de ; www.scheunenkirche.de