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Der singende Kandidat - Jochen Arnold will Nachfolger von Bischof Dröge werden

Er beschäftigt sich seit Jahren mit der Frage, wie Gottesdienste attraktiver und theologisch fundierter werden können: Der Hildesheimer Theologe und Kirchenmusiker Jochen Arnold kandidiert am ersten Aprilwochenende für das Bischofsamt in Berlin.

Berlin (epd). Theologe, Organist, Dirigent, Professor - der Lebenslauf von Jochen Arnold ist beeindruckend, seine Publikationsliste lang. Seit 15 Jahren leitet der 51-Jährige das Michaeliskloster im niedersächsischen Hildesheim, das neun Jahre lang auch Zentrum der Evangelischen Kirche in Deutschland für die Qualitätsentwicklung im Gottesdienst war, bevor es nach Wittenberg verlegt wurde. Jetzt sucht der gebürtige Schwabe eine neue Herausforderung.

Am Freitag wählt die Landessynode, das Kirchenparlament der Evangelischen Kirche Berlin-Brandenburg-schlesische Oberlausitz (EKBO), einen neuen Bischof. Arnold ist neben dem amtierenden Bischofsstellvertreter, Propst Christian Stäblein (51), und der hessischen Senderbeauftragten Heidrun Dörken (56) Kandidat für die Nachfolge von Markus Dröge.  

Arnold spricht von einer anspruchsvollen Aufgabe, sieht sich aber intellektuell, geistlich und dank seiner Leitungserfahrung ausreichend vorbereitet. Seine Frau Anika, gelernte Erzieherin, stehe hinter der Bewerbung. Vier der sechs Kinder sind sowieso auf dem Sprung aus dem Elternhaus. Die beiden Kleinsten, acht und neun Jahre alt, würden mit nach Berlin ziehen.

Am 28. Dezember 1967 in Marbach am Neckar geboren, studiert Arnold Theologie in Tübingen und Rom sowie Kirchenmusik in Stuttgart. Er hat auch ein Aufbaustudium der Popularmusik in der Tasche und leitet mehrere Ensembles. Seine Predigt im Vorstellungsgottesdienst am 24. Februar in der Berliner Marienkirche unterbricht er mehrmals zum gemeinsamen Singen mit der Gemeinde.

2002 wird der Theologe in der württembergischen Landeskirche zum Pfarrer ordiniert. Kurz darauf promoviert er zum Verhältnis von Dogmatik und Liturgie und der Theologie des Gottesdienstes. Seine interdisziplinäre Habilitation behandelt "Gottes verborgenes und offenbares Handeln in den geistlichen Kantaten Johann Sebastian Bachs". Als Privatdozent für systematische und praktische Theologie unterrichtet er auch an der Universität Leipzig.

Als Herausforderungen in der EKBO nennt der Kandidat für das Bischofsamt im Gespräch etwa die Begleitung des Strukturwandels in der Lausitz durch die Kirche, aber auch den Rechtspopulismus: "Wir müssen die Menschen und das was dahinter an Ängsten ist, ernstnehmen; und auf der anderen Seite klare Kante zeigen, wenn Menschen, besonders Minderheiten, diffamiert und ausgegrenzt werden." Das gelte etwa für Menschen, die wegen ihrer sexuellen Orientierung nicht respektiert würden ebenso wie für Flüchtlinge.

Auch damit hat Arnold Erfahrung. Seine Familie hat zeitweilig zwei afghanische Jugendliche aufgenommen, heute lebt noch der 19-jährige Samir bei ihnen. Arnold spricht von einer "sehr wechselhaften, am Ende aber auch sehr erfreulichen Geschichte". "Für mich war und ist es ein Grundkurs und Aufbaukurs in interreligiösem und interkulturellem Dialog." Auch mit Kirchenasyl kennt er sich aus. Einem jungen Syrer gewährte das Michaeliskloster vorübergehend Schutz vor Abschiebung.

Auf die Frage, ob Kirche sich nicht zu viel um Weltliches, um politische Themen, kümmert, sagt Arnold: "Es besteht immer die Gefahr, sich von tagespolitischen, aktuellen Themen auffressen zu lassen auf Kosten der Freiräume, um geistlich theologisch zu arbeiten." Vergewisserung und Ermutigung mit den Menschen zu teilen, das sei für ihn "der Sound des Evangeliums". "Dietrich Bonhoeffers Unterscheidung vom Letzten und vom Vorletzten halte ich nach wie vor hoch: Das Vorletzte ist das Politische. Das Letzte ist für mich die Zusage des Evangeliums." Beides sei wichtig und nicht gegeneinander auszuspielen.

Um die Botschaft des Evangeliums zu verbreiten, will er auch neue Wege gehen: mehr populäre Kirchenmusik, mehr Gottesdienste "an besonderen Orten", mehr "Profil- oder Richtungsgemeinden". Arnold mag auch "persönliche Testimonials", in denen Menschen in kurzen Texten im Gottesdienst von ihrem Glauben erzählen. Die "virtuellen Räume" hat er ebenso im Blick und schlägt Twitter-Gottesdienste sowie Online-Glaubenskurse vor.

Zu seinen eigenen Ritualen gehört neben Bibellesen und Beten das Musik hören - von Bach bis Brahms und Pop, "alles wo es um geistliche Erfahrung geht". "Und ich lebe das Drei-zu-Eins-Prinzip. Ich überlege mir am Abend, vor mir selbst und vor Gott, wie der Tag war. Ich denke an drei schöne Dinge und an eins, das nicht so gut war." Also dreimal Gloria, einmal Kyrie - "loben und klagen im Wechselschritt".