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Breiter Protest gegen Rechtsextremismus in Berlin

So nicht! Bei uns nicht! Nie wieder!", sagte Bischof Markus Dröge.

Berlin (epd). Über Tausend Menschen haben am Samstag in Berlin gegen Rechtsextremismus demonstriert. Politiker, Kirchen, Initiativen und Gewerkschaften hatten unter anderem zu Demonstrationen, Friedensgebeten, Mahnwachen und Glockenläuten in verschiedenen Stadtteilen aufgerufen. Damit sollte ein Zeichen gegen ursprünglich zwei geplante Neonazi-Aufmärsche anlässlich des 31. Todestages des NS-Kriegsverbrechers Rudolf Heß gesetzt werden.

Allein in Berlin-Spandau wurden laut Polizei insgesamt mehr als 1.000 Gegendemonstranten gezählt, Beobachter sprachen von etwa 1.500 Teilnehmern. Nachdem bei dem ursprünglich in Spandau geplanten rechten Aufzug zunächst nur rund 50 Teilnehmer erschienen waren, wurde die Kundgebung von den Organisatoren abgesagt, wie ein Polizeisprecher auf epd-Anfrage sagte. Zudem versammelten sich in Berlin-Lichtenberg Gegendemonstranten und Neonazis - jeweils "im mittleren dreistelligen Bereich", betonte der Polizeisprecher weiter.

Die Polizei war mit rund 2.300 Kräften im gesamten Stadtgebiet im Einsatz. Im Zusammenhang mit den Gegendemonstrationen und dem Aufmarsch der Neonazis seien 41 Ermittlungsverfahren eingeleitet worden unter anderem wegen Körperverletzung, Landfriedensbruch, Sachbeschädigung, Verstöße gegen das Versammlungsgesetz und Widerstand gegen Vollstreckungsbeamte, sagte eine Polizeisprecherin am Sonntag. Zudem habe es 25 vorübergehende Festnahmen gegeben.

Der Bischof der Evangelischen Kirche Berlin-Brandenburg-schlesische Oberlausitz, Markus Dröge, betonte in einem Grußwort laut Redemanuskript, dass in einem freien und demokratischen Land jeder seine Ängste äußern und Kritik üben könne, "wenn er sich fremd fühlt in der eigenen Heimat". Wenn Ängste, Sorgen und Kritik aber umschlagen "in hasserfüllte Rede, Verleugnung der Geschichte, Verunglimpfung von Menschen und wenn völkische Ideologien neu erwachen, dann muss jeder verantwortliche Mensch laut und deutlich bekennen: So nicht! Bei uns nicht! Nie wieder!", sagte Dröge.

Die Vorsitzende des Jüdischen Forums für Demokratie und gegen Antisemitismus, Lala Süsskind, sagte: "Mir reicht es, dass braunes Gedankengut und purer Hass nicht nur von den rechtsextremen und verfassungsfeindliche Gruppierungen offen geäußert wird". Ähnliche Kommentare oder Sprüche würden immer stärker die Gesellschaft erfassen und "viel zu oft unwidersprochen bleiben". Süsskind kritisierte zudem, dass in Berlin überhaupt Rechtsextreme mit einem "Heß-Gedenkmarsch" durch die Stadt ziehen dürften. Da ein Verbot des rechten Aufmarsches nicht möglich sei, forderte sie dazu auf, "ein klares Zeichen gegen rechts" zu setzen.

"In einer Zeit, in der rassistische Gewalt Hochkonjunktur hat und immer mehr Rechte ihre Gesinnung ungehemmt zur Schau stellen, ist es mehr als notwendig, dass wir gemeinsam ein Zeichen gegen Rassismus und für eine vielfältige und weltoffene Gesellschaft setzen", sagte auch die Vorstandssprecherin des Türkischen Bundes Berlin-Brandenburg (TBB), Ayse Demir: "Wir können nicht tatenlos zusehen, dass die Verharmlosung von rechtspopulistischen sowie rassistischen Aussagen ohne jegliche Konsequenzen bleiben. 73 Jahre nach der Zeit des Nationalsozialismus ist Rassismus wieder parlamentsfähig geworden!", warnte die TBB-Sprecherin.

"Die Würde des Menschen ist unantastbar", sie werde aber "von Neofaschisten in Frage gestellt", die einen Kriegsverbrecher als Helden verehren, der an der Verfolgung und Ermordung von Millionen Menschen mitgewirkt hat, betonte der Vorsitzende des Deutschen Gewerkschaftsbundes (DGB) Berlin-Brandenburg, Christian Hoßbach. Er fügte hinzu: "Die Geschichte von Nationalsozialismus und Krieg mahnt uns, gegen Gewalt und Menschenfeindlichkeit und für eine gerechte Gesellschaft zu kämpfen."

Nach Polizeiangaben waren insgesamt zwölf Veranstaltungen gegen Rechtsextremismus angemeldet, allein acht davon im Bezirk Berlin-Spandau. Dort nahm sich Rudolf Heß am 17. August 1987 im alliierten Kriegsverbrechergefängnis mit 93 Jahren das Leben. Das im damaligen britischen Sektor West-Berlins gelegene Gefängnis wurde danach abgerissen. Damit sollte verhindert werden, dass die Haftanstalt zu einem Anziehungsort für Neonazis wird.

Internet
www.berlin.de
www.ekbo.de