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Bischof Stäblein: Kirchen müssen unternehmerischer denken

Die Kirchen werden nicht unverändert aus den aktuellen gesellschaftlichen Umbrüchen herausgehen, findet der Berliner Bischof Christian Stäblein. Gegen den Relevanzverlust rät er zu spirituellen Aufbrüchen. Vorbild für Stäblein sind junge Start-ups.

Der Berliner Bischof Christian Stäblein hat die evangelischen Kirchen zu mehr unternehmerischem Denken aufgefordert, auch mit Blick auf die Verbreitung der christlichen Botschaft. Auf ein vorhandenes großes Bedürfnis nach Spiritualität und geistlicher Begleitung müsse man mit einem besseren Angebot reagieren, sagte der Bischof der Evangelischen Kirche Berlin-Brandenburg-schlesische Oberlausitz (EKBO) am Mittwoch auf dem Jahresempfang des Arbeitskreises Evangelischer Unternehmer in Deutschland (AEU) in Frankfurt am Main. Vorbild für ihn sind moderne Start-up-Unternehmen.

Der christliche Glaube und christliche Spiritualität sind Stäblein zufolge „erneuerbare Energien“. Doch wenn es um die Weitergabe des christlichen Glaubens gehe, komme unternehmerisches Denken in den evangelischen Kirchen zu wenig vor, kritisierte er. Diese müssten sich vor allem auf ihr „Kerngeschäft“ rückbesinnen. Gerade in Zeiten der vielen gesellschaftlichen Krisen wie Corona, Ukraine-Krieg und Energieknappheit habe die Kirche die Aufgabe, „bei den Menschen zu sein“.

Als Beispiel nannte Stäblein spontane Segenshochzeiten für Paare an der Neuköllner Genezarethkirche. Rund um das Gotteshaus hatte das Segensbüro Berlin im Mai zu einem Pop-Up-Hochzeitsfestival eingeladen, an denen Medienberichten zufolge mehr als 50 Paare an einem Tag teilgenommen haben. Die Pop-Up-Hochzeiten richteten sich an alle, die keine Lust auf lange Formalitäten hatten. Das Segensbüro ist ein kirchliches Startup in Neukölln, eine standesamtliche oder zivilrechtliche Ehe ist damit nicht verbunden.

In der aktuellen Energiekrise forderte der Berliner Bischof die Kirchen zu konkreten Hilfen auf, etwa indem man Räume offen hält. Er widersprach dabei Kritik an der Rolle der Kirchen in der Corona-Krise: „Wir waren und sind da als Kirche“, bekräftigte er, sowohl in der Pandemie als Seelsorger oder aktuell für Flüchtlinge. Stäblein ist auch Beauftragter des Rates der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD) für Flüchtlingsfragen.

Die Kirche habe eine „Relevanzkrise“, räumte Stäblein ein. Mit Blick auf den digitalen Transformationsprozess der Gesellschaft sei er sich nicht sicher, „ob es in 50 Jahren noch Landeskirchen gibt“. Er begründete dies mit einer weiteren historischen Perspektive: Die evangelischen Landeskirchen seien nicht zugleich mit Noahs Arche entstanden. Deshalb sei nicht anzunehmen, dass sie bis zum Ende der Zeit Bestand haben werden, meinte er scherzhaft.

Protestanten neigten dazu, das Reden über Reformen mit der Reform selbst zu verwechseln, fügte Stäblein hinzu. Doch wie in der Wirtschaft Unternehmen aufgehen, wachsen und auch wieder untergehen, könne es auch kirchlichen Organisationen so gehen, warnte er in seinem Vortrag mit dem Thema „Kirche in den Krisen der Zeit“.

Der 1966 gegründete AEU mit Sitz in Berlin versteht sich als Netzwerk protestantischer Unternehmer, Manager und Führungskräfte. Zu seinen Aufgaben gehören der Dialog mit Kirchenleitenden, die Organisation von fachlichem Austausch sowie Angebote zur Glaubensvergewisserung für die Mitglieder.

(epd)