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Stolpe: Potsdamer Garnisonkirche war keine Nazi-Kirche

Den ehemaligen Bundesbauminister stört, dass es jetzt allein um den Turm geht und nicht um das Kirchengebäude. 

20. Juli 2014. Potsdam (epd). Der frühere brandenburgische Ministerpräsident Manfred Stolpe (SPD) hat Kommunikationsfehler beim geplanten Wiederaufbau der Potsdamer Garnisonkirche eingestanden. Die Befürworter des Projektes hätten bisher nicht genug begründet, was sie vorhaben, sagte der ehemalige Kirchenjurist dem Berliner «Tagesspiegel» (Samstagsausgabe). «Wir haben den Gegnern das Feld überlassen, die alle möglichen Geschichten erzählen konnten», klagte der ehemalige Bundesbauminister. Am meisten störe ihn in der öffentlichen Debatte die Nichtbeachtung des Faktes, «dass es jetzt allein um den Turm geht und nicht um das Kirchgebäude».

 

Am Montag soll in Potsdam das amtliche Ergebnis des Bürgerbegehrens gegen den Wiederaufbau der Potsdamer Garnisonkirche bekanntgegeben werden. Wenn mindestens 13.326 der mehr als 16.000 abgegebenen Unterschriften gültig sind, muss sich die Stadtverordnetenversammlung mit der Forderung nach Auflösung der Stiftung für den Wiederaufbau der 1945 zerstörten und 1968 abgerissenen Kirche befassen. Die Bürgerinitiative «Potsdam ohne Garnisonkirche», die das Bürgerbegehren am 20. März gestartet hat, erwartet eine Ablehnung durch das Stadtparlament und dringt auf einen nachfolgenden Bürgerentscheid zeitgleich mit der Landtagswahl am 14. September. Für einen erfolgreichen Bürgerentscheid gegen den Wiederaufbau der Garnisonkirche wären dann mindestens rund 33.500 Stimmen notwendig.

 

Den Einwand vieler Gegner, es handele sich um eine «Nazi-Kirche» wies Stolpe in dem Interview entschieden zurück: «Adolf Hitler war zwei Stunden in der Garnisonkirche. Aus der gleichen Kirchgemeinde sind aber über 20 Männer und Frauen hingerichtet worden, weil sie gegen Hitler waren», sagte er und fügte hinzu: «Die Garnisonkirche war keine Nazi-Kirche.»

 

Stolpe äußerte vorsichtige Zweifel am Zeitplan für den Wiederaufbau des Turms. Dieser soll bis 2017 stehen. «Das ist sehr mutig», sagte der frühere Potsdamer Regierungschef. Er wäre «glücklich, wenn es in diesem Jahrzehnt geschafft würde». Dabei gehöre der Turm, so wie er einmal war, zum Stadtbild Potsdams. Das Kirchengebäude müsse aber dann nicht unbedingt originalgetreu wiederaufgebaut werden. Hier seien noch Debatten zu führen über inhaltliche Ausrichtung und Aussehen.

 

Die großen Widerstände in der Stadt gegen den Wiederaufbau der Garnisonkirche erklärte Stolpe in dem Interview auch damit, dass Kernfragen der Stadtentwicklung berührt würden. «Es ist bei manchen der Eindruck entstanden, dass es ein Elitenprojekt ist, von Zugezogenen, Neureichen, Kulturspinnern, Fortschrittsfeinden.» Die Befürworter, das Kuratorium zum Wiederaufbau, sei dagegen «relativ weit weg von der Stimmungslage in Potsdam».

 

Die 2011 eröffnete moderne Kapelle am historischen Standort der Garnisonkirche soll am Sonntag einen neuen Namen bekommen und in Nagelkreuzkapelle umbenannt werden. Damit soll der Friedens- und Versöhnungsgedanke, der der Arbeit dort zugrunde liegen soll, stärker zur Geltung kommen.