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Deutsche bei Frage nach Anerkennung des Islam gespalten

De Maizière dämpft Hoffnung auf schnelle Gleichberechtigung mit Kirchen.

29. April 2014. Berlin (epd). "Der Islam ist ein Teil Deutschland" - Ein Satz, der die Deutschen noch immer spaltet. Integrationsexperten drängen dennoch auf Fortschritte bei der institutionellen Anerkennung. Innenminister de Maizière setzt dabei auf kleine Schritte.

 

Seit fünf Jahren misst der Sachverständigenrat deutscher Stiftungen für Integration und Migration (SVR) das Integrationsklima in Deutschland. Am Dienstag legten die Experten ihre neue Umfrage vor, in der erstmals auch die Anerkennung des Islam thematisiert wurde. Ergebnis: Bei der Frage nach Rechten für Muslime ist die Gesellschaft gespalten. Die Sachverständigen fordern, die institutionelle Gleichstellung schneller voranzutreiben. Bundesinnenminister Thomas de Maizière (CDU) ist dabei aber skeptisch.

 

Dem Integrationsbarometer des Sachverständigenrats zufolge, für das im vergangenen Jahr rund 5.600 Menschen befragt wurden, lehnen 53 Prozent der Deutschen ohne Migrationshintergrund die Aussage "Der Islam ist ein Teil Deutschlands" ab. 45 Prozent stimmen zu. Bei den Befragten mit Migrationshintergrund teilte eine knappe Mehrheit (54 Prozent) die Aussage, 44 Prozent lehnen sie ab.

 

Eine knappe Mehrheit der Deutschen sowohl ohne (55 Prozent) als auch mit Migrationshintergrund (51 Prozent) befürwortet islamischen Religionsunterricht an deutschen Schulen. Sogar zwei Drittel der Befragten begrüßen die Einrichtung von Lehrstühlen für islamische Theologie an deutschen Hochschulen. Religiös begründete Sonderrechte werden dagegen eindeutig abgelehnt.

 

So sind 68 Prozent der Deutschen mit und 76 Prozent derjenigen ohne Migrationshintergrund gegen eine religiös begründete Befreiung vom Schwimmunterricht. Beide Gruppen lehnen auch ab, dass Lehrerinnen an Schulen ein Kopftuch tragen dürfen.

 

"Wer glaubt, daraus eine generelle islamskeptische oder gar islamfeindliche Haltung der Bevölkerung ableiten zu können, der irrt", sagte SVR-Vorsitzende Christine Langenfeld. Sie forderte von den Islam-Verbänden mehr Transparenz in den Strukturen, um die institutionelle Anerkennung voranzutreiben. Auf der anderen Seite verlangte sie von der Politik mehr Offenheit für die Anliegen der Muslime. Islamische Verbände sind bislang nicht wie beispielsweise die großen christlichen Kirchen als Körperschaften des öffentlichen Rechts anerkannt.

 

Innenminister de Maizière dämpfte indes Hoffnungen auf schnelle Schritte beispielsweise bei der Gründung eines muslimischen Wohlfahrtverbandes. Ein muslimischer Wohlfahrtsverband müsse integrierend und nicht ausgrenzend wirken, sagte er im Gespräch mit dem Evangelischen Pressedienst (epd). Die Frage, wie das gelingen kann, müsse zunächst beantwortet sein. Wohlfahrt ist das Schwerpunktthema der vom ihm neu gestalteten Islamkonferenz, deren Arbeitsausschuss im Mai erstmals tagt.

 

Auch eine schnelle Gleichstellung der muslimischen Gemeinschaften mit den Kirchen hinsichtlich der Organisationsform sieht er skeptisch. Das Verhältnis des Islam zum deutschen Religionsverfassungsrecht sei nicht vergleichbar mit dem der Kirchen. Es gebe aber bereits viele Fortschritte unterhalb der förmlichen Anerkennung, sagte er und verwies auf die islamische Theologie und den Religionsunterricht. "Diesen Weg halte ich für absehbare Zeit für gut und richtig."

 

Die Integrationsbeauftragte der Bundesregierung, Aydan Özoguz (SPD), sagte mit Blick auf die Umfrageergebnisse, sie sehe die Politik in der Pflicht, mehr Raum für Begegnungen zu schaffen. Die religiös-kulturelle Pluralität müsse sichtbarer werden.

 

Parallel zur Umfrage veröffentlichte der Sachverständigenrat auch seinen neuen Jahresbericht zur Integration. Darin kommt er zu dem Ergebnis, dass besonders im Bereich Bildung für Jugendliche ohne Migrationshintergrund mehr unternommen werden muss. Ein eher positives Fazit ziehen die Experten im Bereich Fachkräftezuwanderung. Im Bereich der Asylpolitik mahnen sie eine solidarischere Verteilung von Flüchtlingen in Europa an.

 

Letzte Änderung am: 28.02.2023